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Archiv-Artikel

„Bei Wasser schwimmt dann alles“

Beim Brand im Hamburger Bahnhof wurde Kunst zerstört, aber an einer Katastrophe ist man vorbeigekommen. Das Brandschutzkonzept hat funktioniert. Die Museen sind sicher, sagt ein Experte, auch ohne unbedingten C-Rohr-Einsatz

Von ROLA

Wenn ein Museumsdirektor mit noch rußgeschwärzten Händen dasteht, weil er gerade ein Dutzend Kunstwerke vor dem Feuer aus dem Hamburger Bahnhof gerettet hat, kann man ihm eine gewisse Aufregung nicht verdenken: „Es hätte noch viel schlimmer kommen können“, sagte Peter-Klaus Schuster, Chef der Staatlichen Museen zu Berlin, nach dem Brand im Museum für Gegenwart im Hamburger Bahnhof. Dort hatten in der Nacht zum Montag Flammen 400 Quadratmeter Fläche erfasst und ein Werk von Manfred Pernice sowie eines von Daniel Roth zerstört. Opfer des bisher ungeklärten Feuers in einem Seitentrakt wurde auch die 50.000 Euro teure Raumskulptur „Aus Dir“ des Künstlers Kai Althoff. Die ist verbrannt beziehungsweise zerschmolzen, besteht „Aus Dir“ doch aus Fahrrädern, Teppichbodenmaterial und Wachs. Die Werke von Joseph Beuys, Anselm Kiefer und Robert Rauschenberg, die den Schwerpunkt der Moderne-Sammlung bilden, blieben verschont.

Jetzt, wo das Feuer gelöscht, der Qualm verraucht und auch entschieden ist, dass der Hamburger Bahnhof am Dienstag seine Pforten für die unzerstörten Bereiche öffnet, dürfte auch Schuster wieder klarer sehen. Im ungünstigsten Fall kann es in der Tat „schlimm kommen“ und das „Trauma“ eines jeden Museumsmannes eintreten – man denke nur an die Brandbomben auf die deutschen Museen im Zweiten Weltkrieg.

Doch ein Übergriff der Flammen auf die Gebäudeteile im Hamburger Bahnhof war nach dem Polizei-Lagebericht wegen der Brandschutzeinrichtungen unmöglich: Der Brandmelder hatte Alarm gegeben. Die Brandschutztüren schlossen sofort. Und auch die Feuerwehr verwendete im Wesentlichen Löschschaum und möglichst wenig Löschwasser, um den Schaden so gering wie möglich zu halten.

Hans-Jürgen Harras, Leiter des Referats Sicherheit bei den Staatlichen Museen, meint, dass die Brandschutztechnologie des Museums hervorragend funktioniert hat. Im Unterschied zu konventionellen Ausstellungshäusern – etwa der Alten und Neuen Nationalgalerie oder der Gemäldegalerie, wo die Oeuvres hauptsächlich an der Wand hängen –, ist der Hamburger Bahnhof zwar „schwieriges“ sicherheitstechnisches Terrain. Dort stehen die Skulpturen, Plastiken und Environments mitten im Raum und bilden großflächige Kunstensembles. Gleiches gilt auch für das Pergamonmuseum mit den großen Architektursälen.

Der dreiteilige Brandschutz mit optischen Feuermeldern, Brandschutztüren in jedem Museumssektor und der durch das Personal und die Feuerwehr „organisierte Brandschutz“ bildeten jedoch die Garanten, hier wie dort mögliche Feuersbrünste zu erkennen, einzudämmen und zu löschen, so Harras.

Bei der Sanierung der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel beispielsweise wurde das dortige Sicherheitssystem auf den neuesten Stand gebracht, der zudem international exemplarisch ist, schwärmt der Sicherheitsexperte der Museen. In die Wände wurden Brandschutztüren eingelassen, die bei einer optischen Feuermeldung herausfahren und den Gefahrenherd umschließen. Ein „Dilemma“ ist, sagt Harras, dass bei einem aggressiven Brand „die dortigen Bilder unwiederbringlich verloren“ wären. Dennoch verhinderten die eisernen Vorhänge die schnelle Ausbreitung von heißem Rauch und Qualm in die nächsten Bereiche – und damit den Großbrand eines Museums.

Kompliziert wird es beim Einsatz von Wasser, sagt Harras. Der massive Gebrauch eines C-Rohrs mit Löschwasser durch die Feuerwehr etwa ist für ihn schon beinahe undenkbar. „Bei so viel Wasser schwimmt dann alles.“ Aber anders als für Museumsleute, „bei denen in Deutschland eine Scheu besteht“, sind Sprinkleranlagen für Harras eine Möglichkeit, „den Brand klein zu halten“. Es gibt in der Republik – wie in den USA – zwar schon wenige Institutionen und Depots mit Sprinklern. Doch die Kunstaussteller beunruhigt die Vorstellung, dass in den Decken gefüllte Wasserleitungen liegen, und sie haben den Einsatz von Wassersprengern als Brandschutzmaßnahme bisher verhindert.

Die Sicherheitsexperten für Museen operieren hier erst mal noch mit Alternativen, etwa Lüftungsanlagen, die den Sauerstoff im Brandfall absenken, um das Feuer zu ersticken. Oder die Feuerwehr setzt Löschschaum ein, damit nicht gleich alles von der Leinwand läuft. Es gebe keine Löschwasserschäden im Museum, sagte ein Sprecher nach dem Einsatz. Der Generaldirektor kann – mit Einschränkungen – zufrieden sein. ROLA