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Archiv-Artikel

Auch Strohballen sind Architektur

Ab heute zeigt die „ArchitekTour“ in Düsseldorf rund 1.600 Fotos französischer Architektur – und das nicht nur in Museen. Auf berühmte Projekte und Stararchitekten wurde verzichtet. Die Besucher sollen Neues entdecken

Bei französischer Architektur denkt man an „Le Corbusier“, das „Centre Pompidou“ oder „La Défense“ in Paris. Auf der ArchitekTour aber – organisiert vom Düsseldorfer Institut Français und der Architektenkammer NRW – wird man diese populären Werke vergeblich suchen. Es sind eher die unbekannten Architekten und Projekte, die hier ausgestellt werden. Baumhäuser in der Nähe von Paris beispielsweise, eine Schule in Marseille, Theater- und Hotelgebäude. Ungewöhnlich ist dabei, dass auch Gewächshäuser, selbst gezimmerte Fischerhütten sowie Straßen und Garagen gezeigt werden.

Patrice Goulet vom Institut Français d‘Architecture in Paris hat die 1.600 Darstellungen gesammelt. „Wir wollten eine unkomplizierte Ausstellung machen“, sagt er. Die Darstellung von Architektur sei meistens sehr schwer und trocken, und über allem schwebe der Architekt als Gott. Deswegen hat Goulet Fotos von Strohballen auf einem Feld hinzugefügt, die für ihn genauso Architektur sind, auch wenn sie von Bauern statt von Architekten errichtet wurden. „Ich will leichte, schnelle Bilder zeigen, und wenn man diese im Kopf zusammensetzt, bekommt man einen Eindruck von der Idee dahinter.“ Computeranimierte Gebäude haben sich deshalb auch eingeschlichen: Häuser, von denen bloß eine Idee existiert.

Wer alle Bilder sehen will, kann nebenbei auch Düsseldorf erkunden. Die ArchitekTour verteilt sich auf 40 Orte quer und kreuz in der Stadt: Auf Museen und Galerien einerseits, aber auch ein Jugendstil-Schwimmbad, eine Schule oder ein Hotel andererseits. Uns selbst in Kneipen und Cafés hängen die Fotos. Die Initiatorin des Projekts, Brigitte Borsdorf, vom Düsseldorfer Institut Français: „Wir wollen für Zufallsbegegnungen sorgen. Jemand geht in ein Café, entdeckt dort die Bilder und will dann vielleicht noch mehr sehen.“ Die Ausstellung sei für jeden gedacht, nicht nur für ein Fachpublikum: „Architektur ist für uns ein Knotenpunkt im Kunst- und Kulturbereich, worüber wir jeden treffen können.“ Es gehe nicht nur um Gebäude, sondern auch um Fotografie, Soziologie und natürlich um Frankreich.

Die Zusammenarbeit mit der Architektenkammer NRW kam schnell zustande. Christof Rose, deren Sprecher: „Bisher gibt es fast keinen Austausch zwischen deutschen und französischen Architekten – das wollen wir ändern.“ Geplant sei, deutsche Architektur demnächst in Frankreich zu zeigen. „Und bei der ArchitekTour sieht man, dass die Franzosen ganz anders Architektur fotografieren: Sie machen auch mal Bilder ohne Stativ und zeigen Menschen, die das Gebäude benutzen.“ Bewegung darzustellen, fehle bisher in der deutschen Architektur-Fotografie. Jürgen Schröder von der Fachhochschule Düsseldorf, die ebenfalls mitorganisiert hat und Fotos ausstellt, sieht nicht nur Impulse für seine Architektur-Studenten: „Wer die Bilder sieht, wird vielleicht angeregt, nach Frankreich zu fahren, um sich das wirklich anzusehen.“

CHRISTIAN VATTER

1. Juli bis 8. SeptemberDüsseldorf, diverse OrteInfos: 02 11-49 670