Weniger Arbeitslose, keine Wende

Der Sommer bringt gut 50.000 Arbeitsplätze – doch ohne Statistikänderungen wäre die Bilanz die mieseste seit der Wiedervereinigung. Auch die Zahl der Erwerbstätigen sinkt weiter. 600.000 sozialversicherte Jobs weg. Erholung im Osten

NÜRNBERG dpa/taz ■ Die leichte Konjunkturerholung hat auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland vorerst keine Trendwende gebracht, meldete gestern die Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Zahl der Menschen ohne Beschäftigung ging zwar im Juni um 59.700 auf 4,233 Millionen zurück. Diese Entwicklung sei jedoch ausschließlich auf saisonale Gründe zurückzuführen.

Im Vergleich zum Vorjahr wurden 25.300 Arbeitslose weniger gezählt. Die nicht mehr statistisch erfassten Teilnehmer an Trainingsmaßnahmen eingerechnet, hätte sich dagegen ein Plus von 61.900 und mit 4,295 Millionen Arbeitslosen der höchste Juni-Stand seit der Wiedervereinigung ergeben, berichtete die BA in Nürnberg.

Bundesweit ging die Arbeitslosenquote im Juni um 0,1 Punkte zurück, verharrte aber mit 10,2 Prozent auf dem Vorjahresniveau. Im Osten war die Quote mit 18,1 Prozent weiterhin mehr als doppelt so hoch wie im Westen mit 8,1 Prozent. Allerdings nahm im Osten im Vergleich zum Vorjahresmonat die Zahl der Arbeitslosen eher ab. Die günstigere Entwicklung im Osten ist nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vor allem auf den sich weiter verstärkenden Rückgang des Arbeitskräfteangebots und die anhaltende Wanderung von Ost nach West zurückzuführen.

Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) sieht zwar den Trend zum Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland gestoppt. Mit einer Kehrtwende auf dem Arbeitsmarkt rechnet er aber erst in der ersten Hälfte des Jahres 2005.

Was ähnlich schlimm ist wie die hohe Zahl der Joblosen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im April um 28.000 auf 37,97 Millionen gesunken. Das waren 169.000 weniger als vor einem Jahr. Die Bevölkerung hingegen ist konstant bei 82,5 Millionen geblieben. Damit hat sich das Verhältnis von potenziellen Beitragszahlern der sozialen Sicherungssysteme zu Empfängern von Leistungen weiter verschlechtert.

Noch stärker hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verringert, ersten Hochrechnungen zufolge um 585.000 auf 26,36 Millionen. Ausschlaggebend dafür waren laut BA-Vize Heinrich Alt vor allem Arbeitsplatzverluste im verarbeitenden Gewerbe, im Handel und in der Baubranche. Nach oben korrigierte Wachstumsprognosen, steigende Auftragseingänge und der kräftig gestiegene Export ließen aber erwarten, dass der Beschäftigungsabbau im Laufe des Sommers zum Stillstand komme, so Alt. REM