Kommentar: Rüttgers zieht ein : Politik mit Dreitagebart
Dass Jürgen Rüttgers einen persönlichen Medienberater engagierte, der schon Kanzlerherausforderer Edmund Stoiber nicht zum Sieg bei der Bundestagswahl verhelfen konnte – eigentlich ist das eine Vorlage für innerparteiliche Kritiker. Wer nach sechs Jahren als CDU-Landesvorsitzender meint, Michael Spreng zu benötigen, um als Person endlich Konturen zu bekommen, der blamiert sich, so gut er es eben kann. Doch statt Rüttgers-Gegenspielern wie Norbert Lammert reiben sich ausgerechnet die Landesgrünen an der sich selbst richtenden Personalitykampagne des CDU-Oppositionschef. Und die fade und unausgegorene Kritik der Grünen an Rüttgers Fernsehtagen bei einer Alleinerziehenden fällt den Kritikern schwer vor die eigenen Füße.
So ist auch der grüne Landtagsabgeordnete Oliver Keymis gewiss ein viel beschäftigter Medien- und Verkehrspolitiker – vielleicht sehnt es ihn auch nach dem einfachen Leben. Einem Berufskollegen vorzuwerfen, sich seit 20 Jahren vom Alltag entfernt zu haben, wirkt hilflos und fast traurig. Die biestigen wie eifernden Kommentare fallen den NRW-Grünen auch deshalb vor die Füße, weil bei der ZDF-Schau nicht nur der CDU-Kandidat mitmacht – auch Fritz Kuhn, Ex-Parteivorsitzender der Ökopartei, will für das Fernsehen ein anderes Leben führen.
Politik ist ein eitles Geschäft – das gilt für alle. Wer das kritisiert, um selbst im Scheinwerferlicht zu landen, macht sich lächerlich. Oder aber: Er macht sich insgeheim Sorgen, dass Rüttgers so nicht gewinnen wird.CHRISTOPH SCHURIAN