Eine neue Hochburg der Sozialtherapie

Hamburgs grüner Justizsenator, Till Steffen, will der Sozialtherapie im Justizvollzug wieder zu alter Qualität verhelfen. Mit einer eigenständigen Leitung fängt er erst mal an. Die soll neue Konzepte erarbeiten

Als Justizsenator Kusch (CDU) 2004 ankündigte, die sozialtherapeutische Anstalt in Altengamme und die Übergangsanstalt „Moritz-Liepmann-Haus“ in Hamburg zu schließen, nannte das der damalige justizpolitische Sprecher der Grün-Alternativen Liste (GAL), Till Steffen, „einen herben Schlag für den Opferschutz“. Knapp fünf Jahre später unternimmt der grüne Justizsenator Steffen einen ersten Schritt, um den Kahlschlag aus der Ära Kusch zu beheben: Ab dem 1. März soll in Haus IV der JVA Fuhlsbüttel eine organisatorisch eigenständige „Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg“ arbeiten.

Leiterin wird die Juristin Friederike Klose, die in der Vergangenheit als stellvertretende Leiterin von Haus II in Fuhlsbüttel tätig war und zuletzt im Personalamt arbeitete. Die Stelle der stellvertretenden Leitung ist derzeit ausgeschrieben, der stellvertretende Amtsleiter beziehungsweise die Amtsleiterin soll einen „eher therapeutischen Ansatz“ mitbringen, heißt es aus der Behörde. Steffen verspricht sich von der Neuorganisation eine „inhaltlich und methodisch moderne sozialtherapeutische Betreuung und Behandlung der Gefangenen“. Die Therapie sei auch in Zeiten von Sicherungsverwahrung wesentliche Präventionsarbeit.

Wie die konkret aussehen wird, ist allerdings noch unklar. Geplant ist, dass eine Projektgruppe mit der neuen Leiterin ein Konzept ausarbeitet. Denkbar ist, dass künftig die gesamte sozialtherapeutische Arbeit in Fuhlsbüttel konzentriert wird, so dass die Anstalt in Bergedorf mit den derzeit 42 Plätzen geschlossen werden könnte.

Der heutige Zustand ist in Vielem hinter den der Neunzigerjahre zurückgefallen, als die Hamburger Sozialtherapie bundesweit als Vorbild galt. Zurzeit werden in Hamburg 134 Häftlinge in der Sozialtherapie von neun Psychologen betreut. Der Arbeitskreis Sozialtherapie empfiehlt jedoch den Personalschlüssel von zehn Häftlingen und einem Psychologen. Zweiter Kritikpunkt ist die Vermischung von Regelvollzug und Sozialtherapie: Solange die Häftlinge beispielsweise bei der Arbeit aufeinander treffen, komme es leicht zu Konflikten, da die Vollzugssituation in der Therapie als besser gilt. Im Haus IV sind sowohl Regelvollzug als auch Sozialtherapie untergebracht.

Dritter Konfliktpunkt sind die Vollzugslockerungen: Reformer wie der frühere Leiter der sozialtherapeutischen Anstalt Altengamme, Gerhard Rehn, haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Vorbereitung auf die Wiedereingliederung nur schrittweise mit Vollzugslockerungen stattfinden könne. In der Sozialtherapie in Bergedorf haben derzeit alle 42 Häftlinge Vollzugslockerungen, in Fuhlsbüttel keiner. FRIEDERIKE GRÄFF