schnittplatz : Keine schmutzige Wäsche. Nirgends
Enttäuscht muss man heute von der Bild-Zeitung sein: In der Bundesausgabe nur die Titelseite plus Hintergründiges auf der Seite 2, in der Hamburg-Ausgabe gibt es immerhin drei Seiten mehr. Und doch: Nichts Neues über die „Dreckige Homo-Erpressung“ in Hamburg. Alles, was in diesem Millionenblatt steht, ist aus anderen Medien schon bekannt. Und das ist schade, denn eigentlich durften wir doch erwarten, dass die Postille nun mal gründelt, was es auf sich hat mit der Begünstigung des Juristen Roger Kusch durch seinen Parteifreund Ole von Beust. Hat der Hamburger Bürgermeister die Wahrheit gesagt, als er sagte, keine Partnerschaft je mit Kusch gehabt zu haben? Warum ist Bild so zögerlich mit dem Aufspüren von Gewährsleuten – wo sie doch bei anderen Skandalen mit Exklusiv-Enthüllungen nicht geizt?
Die Affäre Schill – ein mediales Trauerspiel. Im Hamburger Abendblatt beispielsweise, Zentralorgan des hanseatischen Gesamtkleinbürgers, stand kommentierend zu lesen, das „Privatleben von Politikern ist bislang nicht nur in Hamburg kein Gegenstand öffentlicher Erörterung“ gewesen. Eine Unwahrheit: Zeitungen interessieren sich für Privates (und dieses Blatt tat es auch, in Form von Homestorys: tapferer Politiker, tolle Frau, fleißige Kinder usw.). Obendrein lügt das Blatt: Berlins Klaus Wowereit habe vor zwei Jahren selbst die Öffentlichkeit gesucht, Ole von Beust sei gezwungen worden. Falsch: Wowereit kam einer Denunziation des Boulevardblatts B.Z. (ebenfalls Springer) zuvor. Außerdem war Ole von Beust in einer dem Abendblatt genehmeren Partei: Da war das fehlende Homestorypotenzial verkraftbar – denn Homostorys wollte man ja nicht.
Ansonsten winden sich gerade die schre(i)bergartigen Blätter wie nämliches Hamburger Abendblatt, auszusprechen, was nicht ehrenrührig ist: Ole von Beust sei „persönlich veranlagt“ (als ginge es um die Steuererklärung), heißt es dann. Und meint: schwul. Igitt! Aber wie veranlagt auch immer: Jetzt sollen die Polizeireporter all dieser Blätter mal schön losziehen und tun, was ihre Sache zu sein hat: Herausfinden, was am Vorwurf der persönlichen Begünstigung Kuschs durch von Beust dran ist. JAN FEDDERSEN