Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Billy Wilders Verhältnis zu Deutschland war stets gespalten: Bekanntlich hatte sich Wilder im Berlin der Prä-Hitler-Ära als Drehbuchautor für die UFA betätigt, doch gerade als es mit der Karriere aufwärts ging, wurde er 1933 als Jude von den Nazis vertrieben. Als er 1945 für kurze Zeit als amerikanischer Besatzungsoffizier zurückkehrte, fand er ein Land voller Opportunisten vor: Niemand wollte schuld gewesen sein an der Nazi-Katastrophe. Kein Wunder also, dass „A Foreign Affair“ (1948) und „One, Two, Three“ (1961), die Wilder teilweise in Deutschland drehte, vom Verhältnis der Amerikaner und Deutschen zueinander handeln. So erscheint Deutschland in der wüsten Farce „One, Two, Three“ vor allem als ein von Amerikanern und Russen gleichermaßen kolonisierter Ort des Schreckens, an dem der Untertanengeist wahre Triumphe feiert. In der milderen Satire „A Foreign Affair“ konfrontiert Wilder eine Kongressabgeordnete (Jean Arthur) aus dem mittleren Westen mit einem opportunistischen Schwarzmarkt- und Nachtclubgeschöpf (Marlene Dietrich) und lässt an beiden Frauen kein gutes Haar: In dem 1947 im zerstörten Berlin aufgenommenen Gefecht um einen flotten Besatzungsoffizier offenbart sich schnell die Bigotterie der einen und die ziemlich braune Vergangenheit der anderen Dame.
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„Break some rules to put things straight“, lautet die Moral in Lasse Hallströms Verfilmung des John-Irving-Romans „Gottes Werk und Teufels Beitrag“. Zumindest muss dies Homer Wells (Tobey Maguire) erfahren, ein in einem Waisenhaus – das zugleich als illegale Abtreibungsklinik dient – als Ziehsohn und Gehilfe des Klinikleiters Dr. Larch (Michael Caine) aufgewachsener junger Mann, der im Kriegsjahr 1943 kurzentschlossen in die Welt hinauszieht, um einmal etwas anderes zu erleben. Er findet einen Job als Apfelpflücker, beginnt eine Affäre mit Candy (Charlize Theron) und sieht im Kino endlich einmal etwas anderes als „King Kong“. Und doch stellt Homer schon bald fest, dass es in der weiten Welt nicht viel anders zugeht als im Mikrokosmos des Waisenhauses: Die Gewissensentscheidungen, die er zu treffen hat, sind hier wie dort die gleichen. Wie üblich inszeniert Regisseur Hallström das Drama eher undramatisch und beweist dabei Gespür für die Darstellung ländlichen Lebens und die Führung seiner Schauspieler.
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Ein „Far East“-Festival bietet Franz Stadler ab heute in seinem Filmkunst 66 an: Filme von Pakistan über Vietnam bis Hongkong und Japan. Highlights der Woche sind zwei Satiren des japanischen Regisseurs Shinobu Yaguchi auf die Geldgeilheit der heutigen Gesellschaft: In „Sakikos geheimer Schatz“ (1997) schildert Yaguchi mit staubtrockenem Witz und wilden Slapstickeinlagen die Anstrengungen der Titelheldin auf der Jagd nach einem in einem unzugänglichen Naturschutzgebiet verschollenen Geldkoffer, in „Adrenaline Drive“ (1999) kommen ein biederer Angestellter und eine schüchterne Krankenschwester versehentlich in den Besitz eines Geldkoffers der Yakuza. LARS PENNING