: Pinselohrschweine, aber keine sechs Richtigen
Toto Lotto Niedersachsen steigt ins globale Glücksgeschäft ein: Die Glücksfeen von der Leine verkaufen 3.000 Terminals nach Nigeria
Hannover taz ■ Tollkühne Krokodile, wilde Elefanten und sogar putzige Pinselohrschweine soll es hier geben, sagenhaft weite Feucht- und Trockensavannen, jede Menge Erdöl, aber leider auch bannig viel Korruption und Misswirtschaft. Eins hatten die 120 Millionen Einwohner Nigerias aber bislang noch nie: Sechs Richtige. Nachdem sich der Aufsichtsbeamte vom ordnungsgemäßen Zustand der Ziehungsgeräte überzeugt hat, soll im bevölkerungsreichsten Land Afrikas im kommenden März zum ersten Mal Lotto gespielt werden – und zwar mit kräftiger Entwicklungshilfe aus Hannover. Toto Lotto Niedersachsen steigt ins globale Glücksgeschäft ein. Gerade haben die Glücksfeen von der Leine alle 3.000 Lotto-Terminals des Landes nach Westafrika verkauft, die Annahmestellen in Niedersachsen nämlich bekommen neue.
„Auf der ganzen Welt wird Lotto gespielt – warum nicht auch in Afrika?“, fragt Lotto Toto-Geschäftsführer Rolf Stypmann, dessen Firma sich an der Globalisierung des Glücksspiels bereichern will. Per Satellit sollen nämlich die Lottoscheine ins Rechenzentrum nach Hannover gebeamt und dort ausgewertet werden (das soll Mauscheleien verhindern), bald kommen acht Mitarbeiter der nigerianischen Lottogesellschaft zum Training nach Hannover, Lotto-Experten made in Germany sollen dann vier Jahre lang den Aufbau in Lagos betreuen. Außerdem kassiert Toto Lotto Niedersachsen für die Terminals anstatt Cash drei Jahre lang drei Prozent Umsatzbeteiligung.
Stypmann rechnet damit, dass die Nigerianer für 60 Millionen Euro Kreuzchen im Jahr machen, das hieße, er hätte die 3.000 Terminals für 1,8 Millionen Euro verscherbelt. „Keep It Simple and Stupid – anfangs läuft alles mit der Methode KISS“, sagt Stypmann. Die Nigerianer würden zunächst ihre Kreuzchen noch ohne Superzahl oder Spiel 77 machen dürfen. „Wir fangen da so an, wie wir in Niedersachsen 1956 gestartet sind – ohne Schickimicki“, meint der Lotto-Experte. Ansonsten funktioniert aber alles wie beim 6 aus 49 in Deutschland.
Zwischen 10 und 20 Naira soll ein Spielfeld in Nigeria kosten, umgerechnet etwa zwischen acht und 16 Cent. Derzeit arbeitet eine Werbeagentur vor Ort am neuen nigerianischen „Lotto-Brand“, dem Aussehen der Annahmestellen. Das hiesige Blau-Rot war den Nigerianern offenbar zu fahl.
Vielleicht auch deshalb hatte Lotto-Mann Stypmann seine alten Terminals wie sauer Brot in Indien, den Phillipinen, Ägypten und Mazedonien angeboten – vergeblich. Der Kontakt nach Westafrika sei eher zufällig über einen Anwalt in Hannover entstanden, in dessen Kanzlei der Sohn des Botschafters von Nigeria hospitierte.
Wer das alles nicht glauben kann, dem können wir leider auch nicht helfen: Alle Angaben sind natürlich, wie immer, ohne Gewähr. Kai Schöneberg