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Archiv-Artikel

„Wolfgang Clement will mithelfen“

Bundeswirtschaftsminister Clement muss sich auf der SPD-Fraktionsklausur viel Kritik gefallen lassen – und lenkt ein

BERLIN taz ■ Wolfgang Clement (SPD) ist wieder auf Kurs. Wochenlang hatte der Bundeswirtschaftsminister gegen die erneuerbaren Energien geschossen. Gestern musste er sich bei der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion dafür harsche Kritik anhören. Und einlenken.

Der Formelkompromiss, den Fraktionschef Franz Müntefering in der Mittagspause bekannt gab, wahrt immerhin Clements Gesicht. „Wir sind uns einig, dass die fossilen Energieträger – Kohle, Gas und Öl – weiterhin eine größere Rolle spielen. Der Bundeswirtschaftsminister hat aber auch deutlich gemacht, dass er mithelfen will, dass sich die erneuerbaren Energien stärker durchsetzen als bisher.“

Tatsächlich ist Clement stark in die Defensive geraten. Am Dienstag hatte er die so genannte Task Force Netzzugang entlassen, die mit 4 Mitarbeitern aus dem Ministerium und 5 Vertretern der Energiewirtschaft besetzt war und den Wettbewerb auf dem Energiemarkt regeln sollte. Clements Vorgänger Werner Müller (parteilos) hatte sie im April 2001 eingesetzt, nachdem er festgestellt hatte, dass im Umgang der Exmonopolisten mit ihren neuen Konkurrenten „viel Beschiss“ im Spiel ist.

„Beschiss“ wurde nun auch der Task Force zu Verhängnis. Zu Wochenanfang war der mit Spannung erwartete „Bericht über die energiewirtschaftlichen und wettbewerblichen Wirkungen der Verbändevereinbarung“, kurz: Monitoringbericht, an die Abgeordneten des Bundestags weiter geleitet worden. „E.ON hat aber schon vor drei Wochen eine 14-seitige Stellungnahme mit Änderungswünschen veröffentlicht“, erklärt die bündnisgrüne Energiepolitikerin Michaele Hustedt der taz. Die Task Force sei seit längerem wegen „undichter Stellen“ in der Kritik. Aufgrund dieser Indiskretion sei die Auflösung jetzt nur „eine logische Konsequenz“.

Offiziell heißt es jedenfalls, die Task Force sei abgeschafft worden, weil sie mit Veröffentlichung ihres Berichtes ihre Funktion erfüllt habe. Nach diesem soll der Netzzugang vor allem auf dem Gasmarkt vereinfacht werden (taz vom 3. September). Eingebettet ist dieser Bericht in die Debatte um das neue Energiewirtschaftsgesetz und die Regulierungsbehörde. Bislang nämlich bestimmen so genannte Verbändevereinbarungen die Regeln auf dem liberalisierten Energiemarkt. Die bilanziert der Monitoringbericht nun so: „Während [sich] im Strombereich ein funktions- und entwicklungsfähiges Netzzugangsmodell entwickelt hat, fehlt für die Gaswirtschaft eine befriedigend funktionsfähige Regelung.“ Bedeutet: Die Gasmarktliberalisierung ist gescheitert. Nicht verwunderlich deshalb, dass die deutschen Gaspreise zu den teuersten in Europa zählen.

In den letzten Jahren kräftig gestiegen sind auch die Strompreise für Verbraucher. Der Bund der Energieverbraucher urteilt deshalb anders als die Clement’sche Task Force: Wettbewerb auf Grundlage von Verbändevereinbarungen funktioniert nicht, es bedarf der Regulierung. Daran kommt die Energiewirtschaft nun nicht mehr vorbei: Die EU verpflichtete Deutschland, bis Mitte 2004 eine Regulierungsbehörde einzurichten.

Die „polemischen Attacken“ gegen erneuerbare Energien seien „unerträglich“, hatte der SPD-Abgeordnete Axel Berg vor der Klausur gewettert. Nach der Klausur erklärte SPD-Fraktionsvize Michael Müller der taz: „Es war sehr viel friedlicher, als zu erwarten war.“ Clement habe sich klar für das Verdopplungsziel der regenerativen Energien ausgesprochen. Müller: „Wir werden jetzt ein Papier erarbeiten, das die Richtung der Energiepolitik festschreibt.“ Und Fraktionschef Franz Müntefering eilte nachmittags zu den Grünen, um „unseren politischen Partner zu informieren“. NICK REIMER