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Archiv-Artikel

Kaufd d daz, hajo, so isch des

daz muss soi: Die taz gibt’s im Internet auch auf Schwäbisch – übersetzt bis in den letzten Archivwinkel

von NICOLAI KWASNIEWSKI

Die taz ist eine überregionale Zeitung, die man am Kiosk in Eckernförde ebenso kaufen kann wie im Zeitschriftenhandel in Passau. Die taz versucht ihrer regionalen Klientel möglichst nahe zu sein. Es gibt die taz nord für Bremen, Hamburg und den ganzen Norden, es gibt die taz-Beilage nrw und selbstverständlich die taz berlin für die Hauptstadt. Eine taz süd gibt es (noch) nicht. Dafür gibt es eine Form von Lokalpatriotismus, die im Süden ein wenig stärker ist, als im Norden. Hier spricht man seinen Dialekt und behält ihn auch gerne, wenn man in den Norden geht. Jedenfalls tun das so einige, und besonders gerne wird das Schwäbische exportiert.

Die Heimat wird einfach mitgenommen: Es gibt die „Schwobakonnektschn“ im Internet, es gibt Maultaschen und Kässpätzle in Norddeutschland und schwäbische Gemeinschaftsabende im Freundeskreis gegen das Heimweh. Für den einen oder anderen gehört zum Leben auch die taz. Da es aber noch keine „Schwaben-Ausgabe“ der taz gibt, wird auch dem abgeholfen. Markus Demleitner von der Unizeitung Unimut an der Universität Heidelberg, hat es getan. Er hat das unfreundlich hochdeutsche Internet zum Schwäbeln gebracht.

Der „Schwobifying Proxy“ übersetzt die Online-Ausgabe der taz, die digitaz, bis in den letzten Archivwinkel in schwäbische Mundart. Die Digitaz „erschoid däglich Mondag bis Samschdag jeweils um ca. 21.00 Uhr für den dauufffolgende Tag und bieded d kombledde Ausgab“. Genau wie die hochdeutsche Ausgabe. Übrigens inklusive der Le Mond Diblomadique, den Rubriken „Akduelles“, „Theme vom Tages“, „Moiung und Diskussion“, „Kuldur“, „Flimmeret und Rauschen“ oder „Karikadur“, „dazblan-Kuldur“. Verschwäbelt werden Überschriften wie „Schdromabschaldunge nedd nödig“, „Beoidruggend Erschbarnis“ oder „Fielmann drodzd Wirdschafdsflaude“.

Gut zwölf Jahre läuft die Übersetzungsmaschine mittlerweile. Erstaunlicherweise haben echte Schwaben bei der Entwicklung gar keine Rolle gespielt. Die Nachfrage ist trotzdem enorm: Nachdem, pünktlich zur 50-Jahr-Feier von Baden-Württemberg, so viele Artikel über den „Schwobifying Proxy“ erschienen, dass die „Unimut“ mehr als 300.000 Anfragen täglich verkraften musste, brach der Server fast zusammen. Entstanden ist das Projekt laut Demleitner auf Grund einer Wette an der Uni Karlsruhe. Die Aufgabe: Wer würde es schaffen, ein Übersetzungsprogramm Deutsch-Schwäbisch zu schreiben, das weniger als 100 Zeilen Code enthielte. Aus der „Hackerlaune“, wie Demleitner die Programmierarbeit nennt, wurde eine der ersten „Übersetzungsmaschinen“ im Internet. Je sauberer eine Internet-Seite programmiert ist, je weniger sie, so Demleitner „mit Java-Script zugekleistert ist“, desto genauer funktioniert die Übersetzung.

Über den Sinn braucht man sich vielleicht gar nicht so viel Gedanken zu machen. Eine Region, die das Häuslebauen, die Kehrwoche und das Sparen an sich erfunden hat, braucht nicht viel zu erklären. Eine Bevölkerungsgruppe, die mit Gaisburger Marsch ein Gericht erfand und weiter kocht, das – etwas vereinfacht – zu gleichen Teilen aus Fleisch, Kartoffeln und Spätzle besteht, braucht vielleicht einfach handfeste Informationen in Form einer schwäbischen taz.

Im Grunde ist es recht einfach, Schwäbisch zu lernen. Ein Ausrufezeichen beispielsweise übersetzt sich einfach in den Ausruf: „Hajo, so isch des“. Aus „T“ wird „D“, aus „P“ wird „B“ usw. Natürlich wird die taz damit zur daz und sehr viel weicher, freundlicher. Etwa so behäbig-klebrig wie ein riesiger Teller Kässpätzle. Im Ausland heißt es dann: „Bremer: Angriff dreffe Infraschdrukdur. Die US-Verwaldung vom Irak will d Ölbibeline in d Türkei besser schüdzen“. Na also, alles gar nicht so wild. „Addendade“, „Prozess des Wiedeuuffbaus“, wie sich das anhört, ist alles ein Kinderspiel. Selbst ein fast drohender Kommendar wirkt nett: „Dabei däde d Polikik gud dro, den Unmus ernsch z nehme“. Vielleicht ist die taz deshalb nie selber auf die Idee gekommen, schwäbische Ausgaben zu drucken. Welcher Politiker soll denn noch zusammenzucken, wenn er als „rechdschbobulischdisch“ bezeichnet wird? Wenn man lange genug in der schwäbischen „daz“ geblättert hat, will man auch schon gar nicht mehr zur „Druggversion“ kliggen.

unimut.fsk.uni-heidelberg.de/unimut/schwob?schwob_url= www.taz.de