: „Ich bin der Wichtigste“
Der Tübinger Ex-Verleger Christoph Müller über die taz-Würdigung von Christoph Müller: „Es ist umgekehrt“
Am Montag würdigte taz-Autor Philipp Maußhardt das Lebenswerk des Tübinger Journalisten und Verlegers Christoph Müller, der nach 35 Jahren sein Schwäbisches Tagblatt verkauft hat. Im folgenden würdigt Müller Maußhardts Ausführungen:
Abgrundtief geschmeichelt, großteils amüsiert, aber dann auch wg. der bereits vorbeugend wegkokettierten Fakten-Unwilligkeiten ziemlich verärgert habe ich Eure liebe Personenkult-Story gelesen. Meine zumindest halbernst gemeinte Gegendarstellung (friedlicher: Korrekturen) sieht so aus:
1) Ich habe zeitlebens nicht eine(n) einzige(n) Redakteur(in) des Schwäbischen Tagblatts „am Kinn gekrault“, sondern ausnahmslos alle ganz oben am Kopf, also dort, wo ich deren massierend zu animierende Gehirnzellen vermute.
2) Ich habe nie das Bedürfnis verspürt, es allen Klischee-Vorstellungen von einem Schwulen Recht zu machen und also auch nie „den Ring im Ohr“ getragen.
3) „Der wichtigste Mann in der Lokalredaktion war immer der Theaterkritiker.“ Das Gegenteil ist richtig. Denn ich bin zwar Theaterkritiker, aber nicht fürs Schwäbische Tagblatt.
4) Ich wollte nie Schauspieler oder Regisseur werden, nicht einmal Intendant oder Dramaturg (obwohl mir dies kein Geringerer als Peter Zadek einmal schriftlich angeboten hat).
5) „An den meisten Abenden im Jahr saß der Verleger allein in seiner Villa ‚ob der Grafenhalde‘.“ An den meisten Abenden im Jahr saß der Verleger/Theaterkritiker entweder im Stuttgarter oder Berliner Theater.
6) Der Lebenspartner Axel Manthey war nie Dramaturg, sondern Bühnenbildner, Regisseur und Hochschul-Professor.
7) Wenn es denn so gewesen sein soll, dass ich „zusehends an Bodenhaftung“ verloren habe, dann ist seine Schlussfolgerung, dass aus dem „Welt-Müller“ ein „Neckar-Müller“ wurde, genau umgekehrt richtig.
8) Der „schwäbische Geiz“ schimmerte keineswegs erst „später“ durch das Kapuzen-Shirt, sondern war in dieses vom ersten Tag an eingewebt.
9) „Der Multimillionär Müller“ stritt sich nicht mit dem Tübinger Kunsthallen-Chef Götz Adriani „um den Verkaufserlös von Postkarten seiner niederländischen Sammlung“ im Wert von „ein paar hundert Euro“, sondern um die totale Falschabrechnung der Kunsthalle im Wert von mehreren tausend Euro (wofür sich der Kunsthallen-Chef aufs Herzlichste entschuldigt hat).
10) „Irgendwann begann ihn sein Provinzdasein zu langweilen.“ Das Provinzdasein hat mich immer gelangweilt (aber was tut man nicht alles aus Langeweile?).
11) „Das viele Geld will er unter anderem dazu nutzen, in Berlin seine Gemäldesammlung zu präsentieren.“ Ich werde in Berlin meine Gemäldesammlung nirgendwo präsentieren, sondern ganz im Gegenteil die niederländischen Zeichnungen und Druckgrafiken dem Berliner Kupferstichkabinett stiften.
12) Zum Abschiedsfest im September will ich nicht nur „alle meine Feinde“ einladen, sondern auch Philipp Maußhardt.
Mit herzlichen Grüßen,
CHRISTOPH MÜLLER