vorlauf : Fast makellose Erfolgsgeschichte
„Und das ist auch gut so! –Schwule Männer sind in Mode“ (23.00 Uhr, N 3)
Dieser Film wird versteckt, hat aber einen Platz in der ersten Reihe verdient. Dabei ist der Titel von Wilma Pradettos Stück irreführend: Es geht nicht um Mode, nicht um die Chicness von Homosexualität, sondern um die gewonnenen Freiräume von Schwulen und Lesben, um politische Chancen, um Selbstbewusstsein und Selbstbehauptung. Ein Film ohne das übliche Geflitter und Gegreine rund um Travestien oder Egotripps à la Rosa von Praunheim.
Zu Wort kommen fast nur schwiegerelterlich vorzeigbare Menschen. Ein Manager, der im „Völklinger Kreis“ schwuler Führungskräfte sich organisiert hat, ein Mitglied des schwulen Fußballfanklubs „Hertha Junxx“, ein Mann vom Autohersteller Ford aus Köln, dessen Konzern auf aufrechte Homos zählt, weil sie zur Diversity beiträgt, außerdem Corny Littmann, alternativer Theaterprinzipal aus Hamburg und, wichtiger noch, Chef des FC St. Pauli. Da kommen Statements zu Gehör, die in ihrer Schlichtheit berühren. Und fast alle atmen den kleinen-großen Geist des Aufbruchs.
Natürlich, Klaus „Wowi“ Wowereit kommt ebenfalls zu Wort, und dies in der von ihm bekannten sachlichen Weise: Dass alles noch viel normaler wird. Dass sich Homosexualität nicht mehr in Glitter & Flitter drapieren muss, um zu gefallen. Hin und wieder scheint das vergiftete Gestern durch. Wenn beispielsweise Corny Littmann sagt, er würde keinem schwulen Fußballer empfehlen, sich zu outen, das würden die Fans nicht dulden. Oder wenn der schwule Manager betont, er führe ein gutes, offenes Leben – und wünscht, dass es so bleibt. In solchen Worten schwingt ein Bewusstsein von der Fragilität von Liberalität durch und von der Ängstlichkeit noch vor einer Generation. Der Film hat eine Fortsetzung verdient, dann müsste der Schauspieler Gustav-Peter Wöhler die Hauptrolle spielen. Denn dieser famose Mann, leiblich von etwas kräftigerer Statur, sagt, dass er nicht mehr oft in schwule Cafés ginge … dort wabere Jugendwahn und der Terror der Hipness. Zumal er ja nicht gut aussehe … Man möge dem Mann sagen, dass Schlankheit ziemlich unsexy sein kann, in seinem Fall gewiss. Angucken! JAN FEDDERSEN