christoph schultheis : „Mir ist nicht bange“
Kurz bevor der Springer-Verlag ein neues Magazin herausbringt, erscheint eine neue Ausgabe von „Dummy“
Es ist nur ein Zufall. Dass da nämlich der Axel Springer Verlag kürzlich ein neues Magazin angekündigt hat, das, herausgegeben vom Sohn eines ehemaligen Springer-Generalbevollmächtigten, unter dem Namen Der Freund als „literarische Zeitschrift“ in Hintertupfingen, in Buxtehude, Jottwedeh oder Katmandu hergestellt werden soll und komplett ohne Farbe und Fotos auskommen will – und dass dann, wenige Tage nach dieser Ankündigung, ein anderes Magazin erscheint, dessen Titelseite komplett ohne Farbe und Fotos auskommt, ist, wie gesagt, bloß Zufall.
In schwarzen Großbuchstaben auf weißem Grund heißt es auf dem Cover: „Achtung: Es wird gleich anstrengend und frustrierend und langweilig und deprimierend und grau und auch ein wenig nervig“. Und dass dieses Magazin dann nach dem Vorwort – Überschrift: „Mir ist nicht bange“ – mit lauter Farbfotos (nur Farbfotos, tolle Farbfotos und sonst gar nichts, nicht einmal Seitenzahlen) anfängt und diese Fotostrecke kein Ende nehmen will, hat mit der Springer’schen farb- und fotolosen Neugründung, die am kommenden Donnerstag erstmals erscheint, ebenfalls nichts zu tun. Gar nix, nüscht, niente. Es ist bloß die neuste und vierte Ausgabe von Dummy.
Und Dummy, seit nunmehr einem Jahr als „unabhängiges, privat finanziertes Gesellschafts-Magazin“ auf dem Markt, hat angeblich was ganz anderes im Sinn als Springers Freund: „Unser Ziel ist es, Cicero zu überleben“, sagt Dummy-Herausgeber Oliver Gehrs. Er sagt ihn derzeit gern, diesen Satz, und oft und lächend. Nur zitiert werden will er damit nicht.
Was gut ist so: Schließlich müsste man sonst noch einmal erklären, was es denn mit diesem Cicero so auf sich hat. Man müsste zudem auf die ganzen anderen Magazine (Zoo, Achtung, Voss) zu sprechen kommen, die ebenfalls seit ungefähr ’nem Jahr im Zeitschriftenfachhandel liegen (oder, siehe Voss, lagen). Womöglich müsste man dann auch noch eine fiese Bemerkung über Amélie von Heydebrecks Kundenmagazin Monopol loswerden oder lobend erwähnen, dass der Stern-Ableger Neon auf dem Cover inzwischen ohne den Leitspruch „Eigentlich sollten wir erwachsen werden“ auskommt. Ja, wahrscheinlich müsste man zu guter Letzt sogar feststellen, dass all die neuen Magazine seit ihrem Erscheinen überhaupt nur dann Erwähnung finden, wenn sich mal wieder ein neues hinzugesellt.
Und was noch schlimmer ist: Würde man Dummy-Chef Gehrs trotzdem mit seinem Cicero-Satz zitieren, wäre ja der großartige Spaß, den sich die aktuelle Dummy-Ausgabe da mit dem farb- und fotolosen Freund geleistet hat, plötzlich tatsächlich keiner.