: Tödliches Abschieben
Drei BGS-Beamte sollen einen Abschiebehäftling getötet haben. Seit gestern stehen sie erneut vor Gericht
FRANKFURT AM MAIN taz ■ Das Gerichtsverfahren gegen drei Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS), die den Asylbewerber Aamir Ageeb getötet haben sollen, ist gestern in die zweite Instanz gegangen. Nun müssen sich die Männer vor dem Frankfurter Landgericht wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Die Anklage wirft ihnen vor, im Mai 1999 Aamir Ageeb auf seinem Abschiebeflug umgebracht zu haben. Fest steht: Ageeb ist auf dem Lufthansa-Flug erstickt.
Die Staatsanwaltschaft betonte, dass es ihr nicht darum geht, das Asylrecht oder die Abschiebepraktiken generell zu kritisieren. Vielmehr solle festgestellt werden, welche konkrete Schuld die Angeklagten trifft. Die Frage laute, inwieweit sie damals wissen mussten, dass ihre Maßnahmen lebensgefährlich waren.
Die BGS-Beamten hatten im Mai 1999 den Auftrag, den Sudanesen Ageeb nach seiner Ausweisung in einer Lufthansa-Maschine über Kairo in sein Heimatland zu transportieren. Er soll sich heftig gewehrt haben. Im Flugzeug verschnürten ihn die Beamten mit Kabelbindern, Klettband und Gurten auf einem Sitz. Dann drückten sie seinen in einen Motorradhelm eingezwängten Kopf auf seine Knie. Sie hätten damals nicht gewusst, dass das lebensgefährlich sein könnte, gaben sie schon beim ersten Prozess im Frühjahr dieses Jahres zu Protokoll.
Polizeiobermeister Reinhold S. beschrieb in der gestrigen Verhandlung die letzte Stunde vor dem Tod von Ageeb. Immer wieder sei er zur Ruhe gekommen. Er habe dann gesagt, er möchte unter keinen Umständen zurück in den Sudan – er wolle „lieber sterben“.
Die BGS-Beamten sagten aus, das Verhalten bei solchen Zwangsmaßnahmen hätten sie vorher kaum geübt. Zur Vorbereitung hatten sie zwar einen fünftägigen Lehrgang besucht. Die Kurse hätten jedoch nicht für alle Interessenten ausgereicht. Außerdem sei der Lehrgang „sehr locker“ gewesen, so die drei Männer.
Der Flugkapitän sagte aus, er habe angenommen, die Abschiebung würde abgebrochen. Denn „normalerweise“ lehne die Lufthansa den Transport „bei dieser Fesselung ab“. Warum er angenommen habe, er transportiere einen Schwerverbecher, könne er sich nicht erklären, sagte der Pilot aus. Vorgesetzte hatten den Gefangenen als „gewalttätig“ beschrieben. Daraufhin besichtigte der Pilot die Zwangsmaßnahmen und billigte sie. HEIDE PLATEN