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Archiv-Artikel

Hanfbier keine Konkurrenz für Kölsch

Köln im Cannabisrausch: Hanfmesse im Mülheimer Palladium, Demonstration „Für das grüne Blatt der Sympathie“ vor dem Dom. Aber Kölner Politiker halten sich am Wahlabend lieber weiter an der beliebtesten „einheimischen“ Droge schadlos

Köln taz ■ Der Rauch hat sich verzogen und das Abendland ist trotz entsprechender Befürchtungen der hiesigen Christdemokraten nicht untergegangen. Köln hat am Wochenende entspannt und schadlos die „Internationale CannaBusiness®“ im Mülheimer Palladium ebenso wie die Demonstration „Für das grüne Blatt der Sympathie“ vor dem Dom überstanden. Wie sich am Wahlabend im Rathaus nachdrücklich zeigte, bleibt Kölsch über alle Parteigrenzen hinweg weiterhin die mit Abstand beliebteste Droge in der Domstadt.

Hatte sich der schwarze (Noch-)Koalitionspartner im Vorfeld des ersten Kölner Hanfwochenendes scharf gegen die Legalisierung des „gefährlichsten aller Rauschmittel“ (CDU-Chef Walter Reinarz) ausgesprochen, forderte Grünen-Ratsherr Ossi Helling auf dem Roncalli-Platz die Freigabe: „Die völlig unsinnige Kriminalisierung trifft auch tausende und abertausende Jugendliche in Köln.“ Zudem wies er auf die ökologischen Vorteile einer Legalisierung hin: „Das spart auch jede Menge Benzin, weil der elende Beschaffungstourismus in die Niederlande aufhört“, rief Helling den rund 300 Demonstranten zu.

Helling, der den verhinderten Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele vertrat, forderte die Einführung von Coffeeshops nach niederländischem Vorbild. Beim Bundesparteitag seiner Partei im Oktober werde das Thema Legalisierung erneut auf die Tagesordnung kommen, versprach der Grüne. Dann gelte es, die „erheblich zurückhaltendere SPD“ zu überzeugen.

Ein Initiativensprecher warf der rot-grünen Bundesregierung anschließend vor, bisher nicht genug für die Kiffer getan zu haben: „Ihr seid seit 1998 an der Regierung und habt Cannabis immer noch nicht legalisiert!“ Ebenso müsse sich verstärkt um die Konsumenten harter Drogen gekümmert und über Fixerräume „in jedem verdammten Kuhdorf“ nachgedacht werden.

In der Messehalle gab es unterdessen jede Menge Nützliches aus dem wertvollen Naturrohstoff Hanf zu bestaunen – von Kleidung bis zu Entspannungskissen. Kulinarisch reichte das Sortiment von Keksen über Gummibärchen bis hin zum Bier. Wegen des strengen Beigeschmacks dieser Produkte wurden sie aber nur vereinzelt genossen. Interessierter beobachteten die Besucher das, was es auch in Head and Grow Shops zu kaufen gibt: Raucherutensilien, Fachbücher oder Spezialshampoos, die „unerwünschte Ablagerungen“ entfernen sollen.

Während viele Medien äußerst vorsichtig oder gar nicht über Kölns erstes Hanfwochenende berichteten, rächten sich die Veranstalter auf ihre Weise. Pressefotografen wurden bei der Messe nur unter der Bedingung zugelassen, dass sie ihre Bilder auch dem Veranstalter auf CD „zur Verfügung stellen“ – nicht nur ein völlig unübliches Verfahren, sondern auch noch äußerst unerfreulich.

Auch wenn weder Hanfmesse noch Demonstration unbedingt zu Massenveranstaltungen wurden: Die Initiatoren haben sich vorgenommen, die „Cannabiz-in-Cologne“ künftig in der Domstadt Tradition werden zu lassen.

Frank Überall