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Archiv-Artikel

Bei Rauswurf Rendite

Ausschlachten und vergolden, ist das Rezept der Investcorp.Deren Mitarbeiter Thomas Middelhoff soll nun Karstadt sanieren

BERLIN taz ■ Thomas Middelhoff kann bei KarstadtQuelle sein neues Kerngeschäft üben. Der im Mai angetretene Aufsichtsratsvorsitzende des trudelnden Kaufhauskonzerns muss „tiefe Einschnitte“ vornehmen, wie er dem Spiegel vor der gestrigen Aufsichtsratssitzung erklärte. Im Klartext: der Konzern will tausende Stellen abbauen – mittlerweile stehen 8.500 Jobs auf der Kippe.

Vor zwei Jahren erst war Middelhoff von Bertelsmann aus dem Chefsessel vertrieben worden, nachdem er allzu ungestüm auf einen Börsengang des Familienkonzerns drängte. Seither suchte er nach einer standesgemäßen Aufgabe. Aus dem Plan, den ebenfalls geschassten Telekom-Chef Ron Sommer zu beerben, wurde zwar nichts. Vergangenes Jahr tauchte Middelhoff aber dann doch wieder in der Öffentlichkeit auf, und zwar in London als Partner der Beteiligungsgesellschaft Investcorp.

Als er im Mai in den Aufsichtsrat von KarstadtQuelle gewählt wurde, hieß es, man sei besonders an seinen Erfahrungen im Beteiligungsgeschäft interessiert. Dies entfachte sofort Spekulationen über eine bevorstehende Änderung der Beteiligungsverhältnisse bei der Kaufhauskette. Investcorp bestritt damals auf Anfrage jegliches Kaufinteresse – ebenso wie der Versicherungsriese Allianz jegliche Verkaufsabsichten seiner Anteile dementierte. Analysten kommentierten damals, dass KarstadtQuelle „finanzstarke Investoren wie Investcorp gut gebrauchen“ könnte. Zumal Investcorp bereits Erfahrungen mit der Sanierung von Handelshäusern wie dem New Yorker Edelkaufhaus Saks Fifth Avenue hat, bei dem gleich am Anfang auch erst einmal die Belegschaft dezimiert wurde.

Private-Equity-Firmen wie Investcorp sammeln von Investoren Kapital, mit dem sie sich an anderen Unternehmen beteiligen. Die Investoren werden mit saftigen Renditen um die 15 Prozent gelockt. Die wollen erst einmal erwirtschaftet werden. Dazu wird dem aufgekauften Unternehmen eine gründliche Umstrukturierung verordnet – vulgo Einsparungen und Entlassungen. Nach meist etwa fünf Jahren wird es möglichst Gewinn bringend weiterverkauft oder an die Börse gebracht. Erst im Juli kaufte Investcorp dem deutschen Energiekonzern EnBW die Parkhauskette Apcoa ab in der Hoffnung, sie in ein paar Jahren an der Börse zu versilbern.

Ausländische Beteiligungsfirmen scheinen in Deutschland noch viele Einsparpotenziale zu wittern. Wenn in letzter Zeit irgendwo ein deutsches Unternehmen übernommen wurde, stand mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Private-Equity-Firma dahinter – so zum Beispiel beim Fernsehsender Premiere, dem Chemieunternehmen Celanese oder dem Triebwerkhersteller MTU. Abservierte deutsche Manager wiederum wittern bei Private-Equity-Firmen neue, lukrative Betätigungsfelder. Neben Middelhoff haben auch der ehemalige Thyssen-Chef Dieter Vogel und der von Mannesmann reichhaltig abgefundene Mobilfunkmanager Klaus Esser bei Beteiligungsfirmen angeheuert.

NICOLA LIEBERT