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Archiv-Artikel

IWF: DIE INDUSTRIELÄNDER SIND ZUM SCHULDENERLASS NICHT BEREIT Arme reiche Bundesrepublik

Und wieder wurde eine Chance verspielt, den ärmsten Ländern der Welt einen Neuanfang zu ermöglichen. Die Industrieländer im IWF sind zu dem von Großbritannien vorgeschlagenen Schuldenerlass nicht bereit. Angesichts der angespannten Haushaltslage des Bundes sei es ganz und gar unmöglich, dafür Mittel zur Verfügung zu stellen, suchte Finanzminister Hans Eichel Verständnis zu heischen. Die wirklich armen Länder, will er damit offenbar sagen, sind nämlich wir.

Doch die Mitleidstour zieht nicht. Die Beträge, um die es bei der britischen Initiative geht, sind zwar für arme, hoch verschuldete Länder relativ zu ihrer bescheidenen Wirtschaftsleistung gewaltig. Doch für die Bundesrepublik wären die geforderten 145 Millionen Euro im Jahr Peanuts. Diese Summe ist nicht mehr als das, was beispielsweise die Orchester des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jährlich verschlingen. Allein Borussia Dortmund hat mehr an Miesen. Wenn Eichels Haushalt tatsächlich an solchen Beträgen hängt, dann sollte einem der Mann vielleicht ja wirklich Leid tun.

Im Finanzministerium jedenfalls wies man jede Verantwortung von sich. Wenn Entwicklungsmininisterin Heidemarie Wieczorek-Zeul meine, man müsse den ärmsten Ländern qua Schuldenerlass Geld zustecken, dann könne sie das ja gerne tun – aus ihrem Etat. Bei den bilateralen Schulden geschieht das in der Tat schon – mit der Folge, dass weniger Geld für sonstige Entwicklungshilfe zur Verfügung steht. Ein Nullsummenspiel für die Entwicklungsländer. Die Äußerung aus dem Finanzministerium zeigen nun zumindest klar, wie sehr man sich für Armut in anderen Ländern interessiert: gar nicht. Damit gibt die Regierung zu, dass sie ihre Verpflichtungen in Sachen Entwicklungshilfe nicht einhalten wird. Vom Ziel der UNO, wonach die Industrieländer 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen sollen, ist Deutschland mit 0,27 Prozent ohnehin weit entfernt. Nun deutet sich an, dass auch das Ziel, bis 2006 wenigstens auf 0,33 Prozent zu kommen, nicht mehr wirklich ernst genommen wird. NICOLA LIEBERT