: Sudans Baschir wird für Araber zur Last
Trotz verbaler Solidarität bereitet der internationale Haftbefehl wegen Darfur der Arabischen Liga Probleme. Auch ihre Spaltung infolge des Gazakrieges ist nicht überwunden. Heute beginnt das jährliche Gipfeltreffen in Doha
KAIRO taz ■ Eigentlich sollte es das Treffen der arabischen Versöhnung werden. Die Präsidenten, Könige und Emire, die sich am heutigen Montag zu ihrem jährlichen Gipfeltreffen in Doha, der Hauptstadt des Golfemirates Katar, zusammensetzen, hatten die Absicht, die Gräben zuzuschütten, die sich seit dem Gaza-Krieg im Januar dieses Jahres zwischen ihnen aufgetan haben. Selten war die arabische Welt so polarisiert: Auf der einen Seite steht das moderate Lager mit den arabischen US-Verbündeten, allen voran Ägypten und Saudi-Arabien. Ihr Gegenpol, Syrien, die palästinensische Hamas und die libanesische Hisbollah im Dunstkreis des Iran, hat hingegen das Wort „Widerstand“ auf seine Fahnen geschrieben.
„Die Herausforderungen und Risiken sind groß,“ erklärte der Premierminister Katars, Hamed Ben Dschassim al-Thani, bei der Einladung. „Die Umstände zwingen die arabischen Staaten, jetzt verantwortungsvoll zu handeln“, fügte er hinzu.
Doch der erste große Dämpfer kam bereits vor dem Treffen, als der ägyptische Präsident Husni Mubarak, Staatschef des bevölkerungsreichsten arabischen Landes, seine Teilnahme ohne Begründung absagte. Hinter den Kulissen hieß es, die Ägypter seien immer noch nachtragend, vor allem gegenüber dem Gastgeber Katar, dessen Fernsender al-Dschasira die Regierung in Kairo während des Gaza-Krieges massiv angegriffen hatte. Dabei war der Vorwurf geäußert worden, Mubarak habe Israel für den Feldzug grünes Licht gegeben.
Derweil hatte es noch im März so ausgesehen, als käme die arabische Versöhnung gut voran, als sich die Staatschefs Ägyptens und Saudi-Arabiens erstmals wieder mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zusammensetzten. Inzwischen ist aber an die Öffentlichkeit gelangt, was dort hinter verschlossenen Türen besprochen wurde.
Ägypten und Saudi Arabien spielten mit Assad nach dem Schema „böser und guter Polizist“. Der saudische König Abdullah bot Syrien finanzielle Hilfe an, wenn Damaskus seine engen Beziehungen zu Teheran aufgebe. Mubarak schlug einen strengeren Ton an und warnte Assad vor einer weiteren arabischen Polarisierung, wenn er sein Verhalten gegenüber dem Iran nicht ändere.
Die Antwort erfolgte prompt. Die palästinensische Hamas verließ in Kairo nicht zuletzt auf iranisches Anraten die von Ägypten unterstützten Verhandlungen mit ihren Rivalen von der palästinensischen Fatah. Der syrische Außenminister Walid Muallem beschrieb bei einem Besuch in Teheran vor einer Woche die syrisch-iranischen Beziehungen als „exzellent“.
Der zweite große Schatten, der über dem arabischen Gipfel liegt, heißt Omar al-Baschir. Am Sonntagnachmittag landete ein Flugzeug mit dem sudanesischen Präsidenten an Bord in Doha. Seine Teilnahme war zuvor nicht angekündigt worden. Offiziell haben die arabischen Außenminister bei ihrem Vorbereitungstreffen den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gegen Baschir scharf kritisiert. Amru Musa, der Generalsekretär der Arabischen Liga, beschreibt den Haftbefehl als „fragwürdig“ und wirft dem Strafgerichtshof vor, beim Sudan in Darfur und bei Israel in Gaza mit zweierlei Maß zu messen. Die arabischen Staaten wollen versuchen, Russland und China davon zu überzeugen, dass der UN-Sicherheitsrat den Haftbefehl für ein Jahr aussetzt, um mehr Zeit für weitere Vermittlungsversuche im Darfur-Konflikt zu gewinnen.
Aber unter der Hand gibt so mancher arabische Regierungsbeamte zu, dass Baschir für die arabische Gemeinschaft zu einer echten Last geworden ist. Auf die Frage, was die Araber unternehmen würden, falls Baschirs Flugzeug nach oder von Katar woanders zur Landung gezwungen würde, antwortete ein Vertreter der Arabischen Liga bei einem Hintergrundgespräch überraschend mit einem „Dann wären wir ihn endlich los“.KARIM EL-GAWHARY