: „Gute Pointen ziehen immer!“
Die deutsche Fernseh-Comedy kriegt mal wieder Nachschub: Diesmal versucht es Sat1 mit „Deich-TV“, Humor aus dem Norden. Ein Interview mit Regisseur Torsten Wacker, dem Macher der Flens-Werbespots, über regionalen Witz und Übersättigung
Interview: Jan Freitag
taz: Herr Wacker, ist „Deich-TV“ ein Dauerwerbespot?
Torsten Wacker: Wieso?
Sie machen seit 1992 Flens-Werbung und bei „Deich-TV“ – die Flasche fehlt in keinem Gag.
Die Brauerei sollte ursprünglich die Sendung präsentieren, aber jetzt stellen sie nur das Bier.
Immerhin.
Ich denke, die wollen erst mal abwarten, was mit der Sendung passiert. Viele glauben, die hätten unheimlich viel Geld, weil man die Werbung gut kennt, aber das ist ein ganz kleines Unternehmen. Die sind sehr vorsichtig.
Wie viel von den Spots steckt nun in Deich-TV?
Eine Menge. Sie sind ja deshalb so besonders, weil wir das Bier zu den Leuten gesetzt haben und deren Geschichten erzählen. Wie in der Comedy. Einige der Schauspieler haben schon in der Werbung mitgespielt.
Und agieren mit Pausen und viel Ruhe – ist das norddeutscher Humor?
Er ist auf jedem Fall nicht laut. Eher leise und trocken, sehr nahe am englischen. Wer dort einen Witz macht, lacht nicht drüber. Ein Kölner dagegen schmeißt sich erst mal selber weg.
Ist Humor vergleichbar?
Also mir gefällt der nordische besser, aber das liegt auch daran, dass ich Bremer bin. Ein guter Witz ist gut, egal, wo er herkommt. Kennen Sie zum Beispiel diesen Hessen, der ständig telefoniert?
Bodo Bach.
Genau. Da wird die ganze Zeit Hessisch gebabbelt, und ich schmeiße mich trotzdem weg vor Lachen.
Ist das bei der zehnten Pointe noch komisch?
Wenn ein Witz gut gemacht ist, finde ich ihn auch gut. Ob ich darüber lache, ist eine andere Frage. Aber den ersten Flens-Spot...
Mit dem Surfer auf der Suche nach einer Bucht.
... haben die eineinhalb Jahre laufen lassen, und die Leute haben weiter gelacht. Eine gute Komödie guckst du dir ja auch drei-, viermal an. „Manche mögen‘s heiß“ ist doch immer wieder komisch.
Der Film läuft dreimal im Jahr, Comedy täglich. Droht da keine Übersättigung?
Das kann passieren, wenn es nicht mehr um Qualität, sondern um Quantität geht. Aber Liebesfilme werden ja auch immer geguckt.
Und – ist deutsche Comedy Masse oder Klasse?
Es gibt keine deutsche Comedy. Sieh dir Bully an. Ich hätte keine Lust, solche Filme zu machen, obwohl ich es toll finde, dass er diesen Erfolg damit hat. Wenn sich zehn Millionen Leute darüber schlapp lachen, hat das seine Berechtigung. Der Drehbuchexperte Robert McKee hat mal geschrieben: Wenn die Leute über Comedy lachen, ist sie gut. So einfach ist das.
Erschöpft sich Trockenhumor nicht bei 18 Witzen pro Sendung?
Das glaub ich nicht. Wir haben Typen geschaffen, die man immer wieder sehen will. Und das Ganze ist sehr aufwendig produziert, viele Außenaufnahmen, kaum Studio.
Und das finden Bayern wirklich witzig?
Ich hoffe es. Die Flens-Spots liefen zwar nur bis Hessen, aber der Süden kann auch über den Norden lachen.
Was macht Sie da so zuversichtlich?
Der umgekehrte Fall. Nehmen Sie Gerhard Polt: „Man spricht deutsch“ lief doch bei uns genauso gut wie da unten. Und Detlef Bucks „Erst die Arbeit und dann...“ hab ich in Freiburg gesehen. In einem vollbesetzten Kino, mit Untertiteln.
Muss Comedy angesichts der Wanderungsbewegungen überhaupt regionalen Humor bedienen?
Nein. Wir bedienen ja nicht die Zielgruppe Norddeutsche, wir stellen nur deren Lebensart dar. Und wenn am Deich ein Typ aus der Großstadt den Dicken markiert, läuft der erst mal gegen ‘ne Wand.
Trotzdem könnte diese Mentalität bald nur noch im Film stattfinden.
Archetypen wird es immer geben. Ich hab mal eine Sendung über Verbrennungen gesehen mit Niki Lauda und einem Typen, der noch heftiger entstellt war. Der sagte, am meisten nervt ihn, dass die Leute immer weggucken. In einer Kneipe in Hamburg meinte dann einer: Mann, siehst du beschissen aus! Mit dem hat er dann die ganze Nacht gesoffen.
Ist das Toleranz oder Humor?
Humor und Ehrlichkeit. Das ist einfach geradeaus, und darauf stehen die Leute.