zahl der woche : Nehmt Boris Becker den Pass weg!
Boris Becker ist ein guter Deutscher. Beim Fußballqualifikationsspiel Deutschland gegen Island in Hamburg saß er auf der Tribüne und jubelte seinen Mannen zu.
Halt: Seinen Mannen? Unser Bobbele ist seit neuestem Wahlschweizer. Warum saß er nicht ein paar hundert Kilometer südlich, auf der Tribüne in Basel, wo am selben Tag die Mannschaft der Schweiz gegen Irland antrat?
Hätte er mal machen sollen. In Deutschland hat er nichts mehr zu suchen. Finden jedenfalls die N-TV-Zuschauer – von denen man doch eigentlich Verständnis für vom Staat geschröpfte Reiche wie Becker erwarten könnte. Jedenfalls antworteten 89 Prozent von ihnen mit „ja“ auf die Frage: „Sollen Steuerflüchtlinge den Pass abgeben müssen?“ Also: Wer seine Steuern lieber an den Schweizer Fiskus leistet, der muss auch so konsequent sein, langweilige Schweizer Fußballspiele anzugucken.
Ganz ähnlich denkt auch der Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Er forderte diese Woche, dass jeder Bundesbürger Steuern in Deutschland entrichten muss, auch wenn er im Ausland wohnt. Sportstars wie Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher und Tennisspieler Boris Becker „haben schließlich auch von den Vorteilen des Passes profitiert“. Mit dem Dokument seien eben auch Pflichten verbunden. Der Grünen-Chef regte an, dass Steuersystem der USA zu übernehmen. Dort haben alle Bürger ungeachtet ihres Wohnsitzes grundsätzlich in der Heimat Steuern zu zahlen.
Fünf Milliarden Euro an Steuereinnahmen gehen der Bundesregierung Jahr für Jahr verloren, weil Unternehmer und Prominente ihren Wohnsitz ins Ausland verlagern. Bundesfinanzminister Eichel hat deshalb vor, Steuerflüchtlinge mit niedrigeren Sätzen als gewöhnlich ins Land zurückzulocken – nach dem Motto: Besser ehrlich einen geringen Steuersatz zahlen, als ein Dasein in Lügen zu fristen.
KATHARINA KOUFEN