: berliner szenen Wir müssen feiern
E. hat Hausverbot
Frau Manteufel hat ihren Platz geräumt. Zimmer 9 der Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft, Abteilung Verbrauchsabrechnung, ist ab jetzt eine Garderobe. Ampelgrünes Licht tunkt die Winterparkaschlange in Hoffnung; vorwärts geht es aber keinen Millimeter. Vielleicht ist schon alles dicht, bald wird jedenfalls alles dicht sein, lange dauern kann das nicht mehr, also was soll das Geschiebe und Geschubse? Die Garderobiere trägt Wollmütze und Schal, „ihr lasst mich alle kalt“ braucht sie gar nicht mehr zu sagen.
Ein langer Gang, durch rotes Licht, Stop and Go, Hallo und Tschüss, rechts zu den Easy Beats ins Zimmer 15 oder links in die große schwarze Bassbox? Do the right thing, das Wummern lockt, immer weiter unter der Neonröhre entlang. Stolpern über Stufen und Kissen, wo ist Sitzen, wo ist Tanzen, wo ist das Ende? Aus den Boxen pumpt ein Loop aus dem alten Michael-Jackson-Hit „Thriller“. Ein aufgedrehtes Mädchen im Ringelshirt springt fremden Jungs an die Brust und schüttelt ihre blonden Haare, über die Köpfe hinweg brüllt ein großer Schlacks: „Ich hab meine Zigaretten in der Garderobe vergessen!“ Sein Kumpel, irgendwo weiter hinten im schwarzen Wummern, nickt, runzelt die Stirn, zieht die Augenbrauen hoch. Ach so, was, keine Ahnung, häh? Hat doch heute erst aufgemacht!
An der Bar prosten sich zwei Frauen mit Tequila zu, die Zitronenscheiben zerknautschen ihr Lachen zu Couchkissen. Auf dem Holz warnt eine goldene Plakette: „E. hat Hausverbot“. Ernst, Eile, Erinnerung, Ekstase? Egal. Frau Manteufel aus Zimmer 9 der Berliner Gasag, hat ihren Platz geräumt. Im neuen WMF gibt es Ampelfarben und Stau. Vielleicht bedeutet WMF „Wir Müssen Feiern“? JAN KEDVES