silke burmester : Ein gefundenes Fressen
Der Prozess um den „Kannibalen von Rotenburg“ ist degoutant, klar. Trotzdem lässt sich damit eine dicke Auflage machen – oder eben deswegen
Manchmal ist es einfach zu ärgerlich, dass man gewisse Dinge nicht tut. Aus Gründen der Ethik und Moral. Bei der Bild-Zeitung überlegt man bestimmt dennoch, wie man es fertig bringen könnte, das Thema auszuschlachten, denn im Zuge des Kochbooms ist der Kannibalen-Prozess ein gefundenes Fressen.
Zu dumm, dass es so unschön ist, was Armin M. getan hat – einen anderen Menschen aufzuessen. Denn Armin M. hat alles, um zu dem zu werden, was der Kochboom und, wenn man einem Spiegel-Artikel folgen darf, die Kochshowmacher so händeringend suchen: ein Aushängeschild. Er ist prominent, ist sich der Medienöffentlichkeit sicher und jeder, der seinen Namen hört, denkt sofort an Essen.
Der Brite Jamie Oliver hat vorgemacht, dass Kochen nicht auf den Sockel gehört, sondern eine Frage des Pragmatismus ist, etwas, das jeder kann. Natürlich haben wir Alfred Biolek. Doch kochen mit Bio, das ist etwas für genusssüchtige FAZ-Leser, die bei zu viel Rotwein zu akzeptieren versuchen, dass für sie Essen die Erotik des Alters bedeutet. Alles jedoch, was man bei „Deutschland sucht den Superstar“ aufzubauen versucht hat, könnte Armin M. einlösen, er bietet die perfekte Vermarktungsoberfläche. Hätte er eine eigene Sendung und würde frei von der Leber weg über Zubereitung, Frische und Gefrierbrand reden – alle hingen an seinen Lippen. Buchserien mit Step-by-Step-Anleitungen zum Thema „Zerlegen“, „Würzen“ oder auch „Dekorativ angerichtet“ könnten in Auflage gehen, WMF könnte die Kochtopfserie „Armin“ herausgeben und eine Messerserie für Profis. Selbst der Kirche wäre endlich die Möglichkeit gegeben, ihre faden Oblaten in Zusammenarbeit mit dem fachkundigen Armin M. aufzupeppen und dem Abendmahl, der Einverleibung Jesu, eine besondere Note geben.
Nun soll es der taz nicht wie dem Stern ergehen, dessen Geschichte über Armin M. wegen Gewaltverherrlichung vor dem Presserat landete. Menschenverputzen ist nicht lustig. Aber unter medial-wirtschaftlichen, brustwiegerischen Gesichtspunkten ist es einfach zu schade, dass man diesen Mann nicht vermarkten darf. Aber warten wir es ab. Zwar ist die Geschichte um Armin M. in jeder Hinsicht unappetitlich, doch die Ächtung des Kannibalismus ist vor allem eine kulturelle. Verboten ist das nicht. Setzen wir doch einfach auf die Bild. Die wird schon Wege finden. Bild Dir einen Kochtopf.