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Archiv-Artikel

Souverän gegen die Hühnerfarm

Handballmeister SG Flensburg-Handewitt zieht in das Viertelfinale der Champions League ein und zeigt gegen Schwedens Topteam IK Sävehof nicht mehr als unbedingt nötig. Manager Thorsten Storm atmet tief durch

FLENSBURG taz ■ Thorsten Storm ist Geschäftsführer der SG Flensburg-Handewitt. In dieser Funktion machte er am späten Samstagnachmittag einen äußerst erleichterten Eindruck, nachdem seine Mannschaft in der Champions League den IK Sävehof mit 31:26 geschlagen hatte und damit ins Viertelfinale eingezogen war: „Wir brauchen die Einnahmen, darum war der Sieg für uns überlebenswichtig.“

Das war den Spielern des Deutschen Meisters nicht immer anzumerken. Einen Vier-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel mussten sie aufholen, und dennoch gingen sie merkwürdig uninspiriert in die Partie. Tatsächlich hatten die Flensburger bereits nach sieben Minuten mit dem 6:2 den Vorsprung egalisiert, was nicht zuletzt der dämlich, weil zu offensiv agierenden Abwehr der Schweden zuzuschreiben war.

Doch dann fing sich Sävehof, das zeigte, dass es ein Spitzenteam ist, vor allem was den Nachwuchs betrifft. Nicht umsonst bezeichnete Präsident Stefan Albrechtson seinen Club einmal als „Hühnerfarm der europäischen Spitzenclubs“: Rund 140 Trainer betreuen 85 Teams mit Spielern zwischen 8 und 19 Jahren, und in jeder großen Mannschaft steht meist mindestens einer, der in Göteborg ausgebildet wurde. Auch am Samstag machte, wie schon im Hinspiel, ein 20-Jähriger auf sich aufmerksam. Spielmacher Jonas Larholm erzielte 13 Treffer, die Hälfte aller Schweden-Tore, und begeisterte mit streckenweise ausgezeichneten Spielideen.

Letztlich umbiegen konnte Larholm das Spiel allerdings nicht. Und schon gar nicht allein. Zu souverän verwalteten die Flensburger die Führung und wurden auch bei kurzzeitigen Einbrüchen nicht nervös. So leisteten sie sich zwischen der 20. und der 26. Minute etliche Fehlwürfe und ließen den Gegner wieder bis auf drei Tore herankommen, um anschließend bis zur Halbzeit wieder auf 16:11 davonzuziehen. So ist es zwar nett gemeint, wenn Sävehofs Trainer Rustan Lundbäck nach dem Spiel bekannte, er sei „sehr stolz auf sein Team“, das eigentlich „viel zu stark ist, um jetzt schon auszuscheiden“. Die Wahrheit war aber, dass sein Team zu schwach war, um Flensburg ernsthaft gefährden zu können.

Und das, obwohl die Gastgeber mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Rückraumspieler Joachim Boldsen war im Abschlusstraining umgeknickt, sodass nur noch drei Spieler für den Spielaufbau zur Verfügung standen, die das ganze Spiel durchspielen müssen. Denn auch der Star des Teams, Christian Berge, war nicht dabei. Er wird zwar bei jedem Spiel in der Aufstellung genannt. Das ist aber reine Höflichkeit, fällt er doch wegen eines bösartigen Tumors im Lymphsystem noch für Monate aus. So musste sich sogar, als sich Mitte der zweiten Halbzeit der zentrale Rückraumspieler Glenn Solberg wegen eines Pferdekusses behandeln ließ, der Kreisläufer Johnny Jensen auf dessen Position zurückfallen lassen. Aber auch diese Phase überstanden die Flensburger, und so wurde das Match hinterher spannender geredet, als es wirklich war. Der Schweiß, den Thorsten Storm vergossen hat, in allen Ehren: Er hätte gelassener bleiben können. EBERHARD SPOHD