: Wulffs Rache für Laurenz Meyer
Mit einem Brief an den VW-Vorstand löste der Ministerpräsident die niedersächsische SPD-Gehaltsaffäre aus
HANNOVER taz ■ Dass jetzt auch die niedersächsische SPD über eine Gehaltsaffäre debattieren muss, geht offenbar auf eine Initiative des CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff zurück. Wie die niedersächsische Staatskanzlei gestern bestätigte, schrieb Wulff schon vor zwei Wochen in seiner Eigenschaft als VW-Aufsichtsratsmitglied an Vorstandschef Bernd Pischetsrieder. Er verlangte Auskunft darüber, welche Politiker auf Landes-, Bundes- oder Europaebene Gehaltszahlungen von Volkswagen erhalten. Über ähnliche Überweisungen des RWE-Konzerns waren zuletzt die beiden CDU-Spitzenpolitiker Laurenz Meyer und Hermann-Josef Arentz gestürzt.
Erstes Ergebnis der Suche nach Politikern mit VW-Gehalt, die parallel von der Bild-Zeitung betrieben wurde, sind zwei niedersächsische SPD-Landtagsabgeordnete. Sie haben neben ihren Diäten bis zu zehn Jahre lang auch noch 3.000 Euro monatlich von Volkswagen erhalten. Darüber hinaus ist jeweils ein Landtags- und Bundestagsabgeordneter der SPD bei VW Betriebsrat.
Nach Angaben der niedersächsischen Regierungssprecherin Nina Hacker hatte Ministerpräsident Wulff bei seinem vorweihnachtlichen Brief an VW-Chef Pischetsrieder natürlich nur „das Interesse des Unternehmens im Auge“. Anlass für das Schreiben war nach den Worten von Hacker allerdings „die allgemeine Diskussion in Deutschland über Zahlungen von Wirtschaftsunternehmen an Politiker“ – also die Debatte um Meyer und Arentz.
Die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Ingolf Viereck und Hans-Hermann Wendhausen, die es nun als Erste und zu Recht getroffen hat, sind beide 1994 in den niedersächsischen Landtag eingezogen und waren vorher hauptberuflich bei Volkswagen beschäftigt. Der kaufmännische Angestellte Viereck, der in seiner Heimatstadt Wolfsburg auch einer der ehrenamtlichen Bürgermeister ist, gab seine Nebentätigkeit für Volkswagen beim Landtagspräsidenten an.
Unklar ist aber, für welche Arbeitsleistung Viereck monatlich 3.000 Euro von VW bekommen hat. Der SPD-Landtagsabgeordnete hatte in dem Unternehmen kein Büro mehr. Er will sich das Zubrot und den Dienstwagen vom heimischen PC aus verdient haben – durch Beratungsdienste für die VW-Sportförderung.
Der Landtagsabgeordnete Wendhausen, der früher hauptberuflich als Ingenieur bei VW arbeitete, verschwieg dem niedersächsischen Landesparlament zunächst, dass er seit 1994 weiter auf der Gehaltsliste seines Arbeitgebers stand. Erst vor zwei Wochen, also unter dem Eindruck der CDU-Affäre, reichte er die Meldung beim Landtagspräsidenten nach. Der 57-jährige Wendhausen erhält nach eigenen Angaben von VW nur noch 1.800 Euro pro Monat, weil er seit gut einem Jahr in Altersteilzeit ist. JÜRGEN VOGES