: Fristenlösung für Frauenhäuser
Kleine Spielräume bei Neuverhandlungen zwischen den Trägern der Hamburger Frauenhäuser und der Sozialbehörde. In drei Monaten muss neues „Opferschutz-Konzept“ stehen. Mehr Geld für die Schutzeinrichtungen gibt es aber definitiv nicht
Von Marco Carini
Die Grenzen sind gesteckt: „Es wird keinen Euro mehr für die Frauenhäuser geben“, weiß Ingo Habenicht, Vorstand des Diakonischen Werks, das eine der sechs Hamburger Zufluchtsstätten für Opfer häuslicher Gewalt betreibt. Trotzdem gebe es keine Alternative zu Verhandlungen: „Wir wollen alle Möglichkeiten ausloten, die Schließung des 1. Frauenhauses zu verhindern“, erklärt Habenicht: „Dafür sind wir zu Opfern bereit.“
Die von der Sozialbehörde verfügte Schließung des 1. Hamburger Frauenhauses, die bereits Ende 2004 über die Bühne gehen sollte, ist am Montagabend zumindest aufgeschoben worden (taz berichtete). Da der Trägerverein des Hauses die Betriebseinstellung verweigerte, sah sich die Behörde zum Handeln gezwungen.
„Die Sozialbehörde ist vor Weihnachten mit einem Gesprächsangebot auf uns zugekommen“, verrät Habenicht. Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr haben sich Behördenvertreter, Diakonisches Werk und der Paritätische Wohlfahrtsverband zusammengesetzt, um eine „Zielvereinbarung“ zu entwickeln. Kernpunkt der Gespräche: Auf der Grundlage der vom Senat beschlossenen Mittelkürzungen soll gemeinsam über Alternativen zu der Schließung nachgedacht werden. Dabei geht der Hamburger Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Richard Wahser, „definitiv davon aus, dass das 1. Frauenhaus erhalten bleibt“.
Ende März muss, so die Übereinkunft, ein neues „Opferschutzkonzept“ stehen. Bis dahin bleiben alle sechs Frauenhäuser geöffnet, müssen aber die verfügten Sparvorgaben erfüllen und dürfen auch frei gewordene Stellen nicht wieder besetzen.
Für das vom Diakonischen Werk betriebene Frauenhaus heißt das, dass eine bewilligte Sozialpädagoginnenstelle im ersten Quartal des Jahres auf Eis liegt. „Wir akzeptieren den belastenden Engpass für diesen begrenzten Zeitraum“, erklärt Habenicht. Klar sei aber auch, dass ein „weiterer Personalabbau nicht möglich“ sei. Habenicht: „Alle verantwortbaren Kürzungen haben wir während der Sparwellen der vergangenen Jahre bereits umgesetzt.“ Deshalb sei „kein Spielraum für weitere Kürzungen nach dem Gießkannenprinzip mehr vorhanden“.
Jenseits von Schließung und Gießkanne kann sich Habenicht vorstellen, „andere Unterbringungsmöglichkeiten für bedrohte Frauen auszuloten“, nach „Möglichkeiten einer besseren Verzahnung mit dem normalen Hilfesystem zu suchen“ oder auch „mehrere kleine Frauenhäuser zusammenzulegen“.
Richard Wahser sieht zudem „Spielräume, die durch die Frauenhäuser mitgeleistete Betreuung gewaltbedrohter Kinder aus anderen Töpfen querzusubventionieren“ oder auch „eine zweite Wohnstufe“ einzurichten, in der Frauen außerhalb der Frauenhäuser quasi ambulant betreut werden können. So würde sich die Verweildauer in den sechs Zufluchtsstätten verkürzen.
Während Wahser davon ausgeht, „dass 2005 der Fortbestand aller sechs Frauenhäuser“ mit dem verfügbaren Etat gesichert werden kann, sieht er die „größten Probleme 2006“ auf uns zukommen“. Dann würden noch einmal rund 200.000 Euro fehlen, die in den vorhandenen Strukturen nicht mehr eingespart werden könnten.
„Wir werden in den drei Monaten viel miteinander reden müssen“, erwartet Wahser einen Verhandlungsmarathon. Der geht bereits am Montag weiter, wenn Behörde und Träger erneut zusammenkommen.