: „Fürs Erste schwul“
Ermitteln schwule TV-Kommissare anders? Fragen an Hennig Baum, Hauptdarsteller aus „Mit Herz und Handschellen“ (Sat.1, 20.15 Uhr)
INTERVIEW KLAUS RAAB
taz: Herr Baum, wie sind die Reaktionen auf Ihre Rolle als erster schwuler TV-Kommissar?
Henning Baum: Es gibt schon Resonanzen darauf, dass die Figur schwul ist, vor allem in Chatforen im Internet. Seine sexuelle Neigung stand aber eigentlich nie groß im Vordergrund. Das kommt nicht ständig zur Sprache und ist auch nicht das Thema der Serie oder der Figur. Und insgesamt scheint es tatsächlich nicht so wichtig zu sein, dass dieser Kommissar eben auch noch homosexuell ist.
Liegt das daran, dass die Figur einige vor allem positive Klischees über Schwule bestätigt? Designerkleidung, Edelwohnung und so weiter?
Es ist kein ursächlicher Spielantrieb, dass Leo Kraft schwul ist. Wenn Sie sich vorstellen, jemand sagt zu Ihnen: Spielen Sie mal einen Schwulen! Das ist totaler Unfug, das können Sie nicht spielen. Außer man macht „Ein Käfig voller Narren“ und sagt: huch, Prosecco. Aber das wäre falsch, Homosexualität schlägt sich doch nicht in allen Situationen nieder. Und daher ist es künstlerisch unfair, eine Figur über Klischees oder über einen Gattungsbegriff zu definieren. Die Figur hat eine bestimmte Art, wie sie dem Leben begegnet, mit einer gewissen Lust, mit einer Leichtigkeit, einem Groove. Das hat nichts mit Homosexualität im Speziellen zu tun.
Dass Leo schwul ist, spielte überhaupt keine Rolle, als Sie die Figur anlegten?
Doch, natürlich, wenn die Figur schwul ist, muss ich auch bestimmen: Wo ist die schwule Ecke? Aber wir machen ja einen Krimi, und wenn man einen Polizisten klischeegemäß rumtucken lässt, lachen sich die Leute ins Fäustchen und gucken sich das nicht weiter an. Aber das ist doch ganz interessant, dass die Leute sehen, der ist schwul, aber das stört uns nicht, das ist nicht aufdringlich. Damit können die Leute was anfangen. Das stößt nicht an. Das Programm muss ja mehrheitsfähig sein.
Kann so eine Rolle dann auch das mehrheitsfähige Bild mitverändern?
Das ist Spekulation, und wenn, dann ist das ein Mosaikstein. Es kann aber sein, dass die Figur ein bisschen was dazu beigetragen hat: Dass ich eine kleine politische Funktion eingenommen habe, auch wenn das nicht meine Absicht war. Künstlerisch will ich etwas transportieren, nicht politisch. Aber als wir vor drei Jahren anfingen, war weder Wowereit Bürgermeister noch von Beust in der Öffentlichkeit. Das Bild von Schwulen hat sich tatsächlich in dieser kurzen Zeit offenbar gewandelt. Es passt vielleicht in den Zeitgeist, dass man gar nicht mehr so viel Aufhebens darum macht.
Wie verändert sich denn die Figur in der neuen Staffel?
Über das normale menschliche Maß hinaus finden keine großen Veränderungen statt. Aber falls Sie meinen, ob er was mit seiner Freundin Nina anfängt: Er ist und bleibt fürs Erste schwul.