FUSSBALL-BETRUG: DER AUFSICHTSRAT FÜR SCHIEDSRICHTER HAT VERSAGT : Der Skandal hinter dem Skandal
Wer der Korruption im Fußball auf den Grund gehen möchte, steht vor einem Dilemma, denn es handelt sich um eine Sportart, die extrem von Fehlleistungen geprägt ist. Das Urteil darüber, ob solches Versagen auf Pech, purem Unvermögen oder doch auf bösem Willen beruht, fällt schwer. Einen Unterschied gibt es jedoch: Spieler, die ständig Fehler begehen, werden nicht mehr aufgestellt. Schiedsrichtern drohte ein solches Schicksal hierzulande bislang nicht.
Geradezu krampfhaft versuchten der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und sein Schiedsrichterausschuss, das Bild von der heilen deutschen Fußballwelt aufrechtzuerhalten, eine Oase der Reinheit in der Wüste der Korruption zu behaupten. Entsprechend naiv klingen die Reaktionen der Funktionäre, nachdem sich herausgestellt hat, dass der große Bogen, den Wettbetrug und Bestechung angeblich um deutsche Stadien machen, nur eine Schimäre war. Ein Verdienst der Wachsamkeit des DFB ist es nicht, dass die Machenschaften des Schiedsrichters Robert Hoyzer aufflogen.
Wären nicht Hinweise von Kollegen eingegangen, hätte der 25-Jährige am vergangenen Sonntag nicht nur sein Bundesliga-Debüt gegeben (als vierter Mann), sondern in aller Ruhe weiter Spiele verpfeifen können, auf die er selbst oder andere Personen gewettet hatten. Obwohl fast jede Partie, die Hoyzer leitete, von fragwürdigen Entscheidungen geprägt war, wurde er unbeirrt als größtes Schiedsrichtertalent präsentiert. Auch ohne die dubiosen Wetten beim DFB-Pokalspiel Paderborn – HSV, die der Anbieter Oddset lobenswerterweise dem DFB anzeigte, war Hoyzers Leistung in dieser Partie katastrophal. Der Schiedsrichterausschuss sah jedoch kein Problem, eine Woche später durfte Hoyzer schon wieder ein Zweitligaspiel pfeifen.
Kein Wunder, dass solche Nachsicht bei Schiedsrichtern, immerhin erste Anlaufstelle für Wettbetrüger, den Eindruck erweckt, sie könnten sich alles erlauben. Jetzt muss der DFB ihnen strenger auf die Pfeife sehen. Doch wenn die Mitglieder des Schiedsrichterausschusses ungeschoren davonkommen, sind das nur Halbheiten. MATTI LIESKE