: Revolution von oben
Die Fachbereichsfürsten an der Hochschule Bremen proben den Aufstand: Rektor Elmar Schreiber will sechs Fakultäten streichen und sich selbst stärken. Die Dekane und Professoren der Hochschule fühlen sich übergangen und melden Widerstand an
Bremen taz ■ An der Hochschule Bremen regt sich heftiger Widerstand gegen die weitreichenden Reformpläne von Rektor Elmar Schreiber. Der will mit seinem lange geheim gehaltenen „Projekt zwei“ bereits zum 1. Juni die Zahl der Fachbereiche von neun auf drei reduzieren. Doch daraus wird nun erst einmal nichts.
Sechs Dekane wären Schreiber zufolge überflüssig, die drei verbliebenen sollen direkt dem Rektor unterstellt werden. Die Fachbereichsräte, bis jetzt zuständig für die Lenkung der neun Fachbereiche, kommen in dem neuen Gefüge gar nicht mehr vor. Statt dessen sollen zwölf Direktoren ernannt werden - als Leiter neu zu bildender „Lehr- und Forschungszentren“. Schreiber begründet seine Absichten mit den anstehenden „Verteilungskämpfen“ um die bremischen Finanzhilfen. Derzeit bekommt die Hochschule 25 Millionen Euro pro Jahr aus dem Landeshaushalt, hinzu kommen Drittmittel aus anderen Quellen in Höhe von sechs Millionen Euro.
Zugleich will Schreiber seine Hochschule „als eine der führenden“ in Europa positionieren. Von diesem Vorhaben erfuhren die Angehörigen der Hochschule Ende Januar auf dem „Tag der Zukunft“: Selbst die Dekane waren in die Planung der neuen Struktur nicht einbezogen worden.
Das Konzept sei ihm „einfach vorgesetzt“ worden, kritisiert Volker Biere, Dekan des Fachbereiches Nautik und Internationale Wirtschaft. Für ihn sei das 30-seitige Papier deshalb nicht mehr als ein „Vorschlag“, über den der Senat der Hochschule – das oberste Gremium der Selbstverwaltung - jetzt befinden müsse. Ähnlich sieht das auch der Dekan des Fachbereiches Sozialwesen, Wolfgang Reichel: „Das Rektorat kann uns nichts aufstülpen“. Er halte es angesichts der Widerstände aus den Fachbereichen für „unwahrscheinlich“, dass Schreibers Pläne Wirklichkeit werden. Und Wirtschaftsprofessor Sönke Hundt wünscht dem „Projekt 2“ gar eine „schnelle und gründliche Bauchlandung“. Was das Rektorat hier versuche, sei eine „Strategie des Bombenwurfs“, mit der die Belegschaft kurz vor den Semesterferien unter Druck gesetzt werden solle.
Schreiber hingegen verweist mit „Stolz“ darauf, dass es gelungen sei, die eigenen Pläne 18 Monate lang geheim zu halten. Das sei „nicht geschickt“ gewesen, rügte Reichel seinen Rektor. Dass der Senat Schreiber deswegen abwähle, hält Reichel zwar für „wenig wahrscheinlich“ – auszuschließen sei es jedoch nicht. Eine Umfrage unter 125 Mitarbeitern der Hochschule Bremen zufolge haben nur etwa 30 Prozent der Befragten dem Projekt die Note „sehr gut“ oder „gut“ gegeben, jeder vierte hingegen befand auf „mangelhaft“. Für eine Abwahl des Rektors wäre allerdings eine Zweidrittel-Mehrheit im Senat erforderlich.
Auch die betroffenen Dekane sehen durchaus Reformbedarf an ihrer Hochschule: Die Struktur sei „historisch zufällig“ gewachsen und „nicht mehr vernünftig“, räumte Reichel ein. Drei Fachbereiche seien jedoch „zu wenig“. Hier werde „Unvereinbares vereint“, findet Biere. So würden die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge nicht nur der neuen Fakultät „Business“ zugeordnet, sondern dominierten auch die „Humanities“, die eigentlich den Geisteswissenschaften vorbehalten sind.
Mit ihrem Widerstand haben die Professoren erreicht, dass die Pläne aufgeschoben wurden: Der Senat wird eine Arbeitsgruppe einsetzen, die bis zum Ende des Sommersemesters 2005 einen neuen Vorschlag erarbeiten soll. Mit einer endgültigen Entscheidung ist frühestens im Wintersemester zu rechnen. Jan Zier