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Strichcodes für das Leben

Forscher wollen die gesamte Flora und Fauna katalogisieren – mithilfe eines genetischen Strichcodes, der eine schnelle, sichere Bestimmung erlauben soll

BERLIN taz ■ Wissenschaftler arbeiten an einem Archiv „genetischer Strichcodes“ für die gesamte Flora und Fauna. Im Londoner Naturkundemuseum trafen sich diese Woche Zoologen und Botaniker zu ihrer ersten internationalen Konferenz. Ziel ist eine Internet-Datenbank, die Global Biodiversity Information Facility (GBIF), in der alle Arten aufgelistet und kostenlos abrufbar sind.

Auf der Konferenz wurde ein Projekt angekündigt, um zunächst alle bekannten 15.000 Meeresfische, sowie 8.000 Süßwasserarten genetisch zu katalogisieren. In weiteren Projekten geht es um die Registrierung aller 10.000 bekannten Vogelarten sowie der 8.000 Pflanzenarten auf Costa Rica. Das GBIF geht zurück auf eine Initiative des Klubs der Industrieländer (OECD) und wurde vor vier Jahren von zwölf Nationen offiziell gestartet. Der Traum der Forscher ist es, einmal eine Art „Tricorder“ wie Spitzohr Spock von der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ zu besitzen: Ein handliches Gerät, mit dem man eine Tierart anhand einer kleinen Haarprobe analysieren kann. Auch hofft man, irgendwann Ärzten zu ermöglichen, schnell Krankheiten oder giftige Pflanzen zu bestimmen.

Erstes Ziel der Forscher aber ist es, eine möglichst komplette Inventur der Erde – und bestehendes Wissen verfügbarer zu machen. Für viele Regionen gibt es nur ein, zwei Experten – alle anderen Zoologen sind dort genauso ratlos wie ein Spaziergänger vor einem Waldpilz. „Rund 1,7 Millionen Arten sind bekannt“, sagt Richard Lane, wissenschaftlicher Direktor des Londoner Naturkundemuseums. „Wir vermuten, dass es irgendwas zwischen 10 und 30 Millionen Arten auf der Erde gibt.“ Geplant ist auch, die Daten mit den rund 3 Milliarden Proben von Tieren, Pflanzen und Samen zu verknüpfen, die derzeit in Museen und Universitäten lagern.

Grundlage für den „genetischen Strichcode“ bei Tieren ist die Analyse eines Strangs Erbgutes auf den Mitochondrien, den Energieorganen der Zelle. Paul Herbert von der Universität Guelph in Kanada, einer der Pioniere der Technik, fand heraus, dass auf dem Gen für Cytochrom C-Oxidase (COI), sich nahe verwandte Arten deutlich unterscheiden. So variieren Menschen untereinander nur in ein bis zwei Bestandteilen der 648 Buchstaben des COI-Gens, während Schimpansen vom Menschen an 60 Stellen abweichen.

Bei Testkatalogisierungen der nordamerikanischen Vögel fand Herbert zum Beispiel heraus, dass die als Lerchenstärling bezeichneten Vögel genau genommen zu zwei verschiedenen Arten gehören. Allerdings kam es bei Testläufen auch zu vielen Fehlkatalogisierungen. Deshalb wird es nötig sein, die Ergebnisse noch einmal von Taxonomen, die Tierarten auf herkömmliche Weise nach Körperform und Lebensraum unterscheiden, gegenchecken zu lassen.

Forscher schätzen, dass die Inventur in 25 Jahren abschlossen ist. Derweil arbeiten Firmen wie Canon US Life Sciences an Handgeräten für die mobile Analyse. Dort glaubt man an ein erste Gerät bis Ende des Jahrzehnts. URB

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