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Archiv-Artikel

Streit der Hardliner über junge Iranerin

Ein Lufthansa-Pilot bewahrte die 24-jährige Zahra Kameli vor der Abschiebung in den Iran. Jetzt verhandeln Innenminister Schily und sein niedersächsischer Amtskollege Schünemann darüber, wer die Verantwortung für ihr weiteres Schicksal trägt

AUS HANNOVER JÜRGEN VOGES

Das Schicksal einer von Abschiebung bedrohten Iranerin sorgt für Streit zwischen den Innenministern in Berlin und Hannover. Bundesminister Otto Schily (SPD) und sein niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann (CDU), die sich sonst meist als Hardliner profilieren, fordern sich mittlerweile gegenseitig auf, für ein weiteres Aufenthaltsrecht der 24-jährigen Zahra Kameli zu sorgen.

Die junge Frau, deren Abschiebung ein Lufthansa-Pilot vor acht Tagen auf dem Frankfurter Flughafen gerade noch verhinderte, hatte in Deutschland ihren iranischen Ehemann verlassen, war zum Christentum übergetreten und muss in ihrem Heimatland Verfolgung durch Staat und Ehemann befürchten. Für ihr Recht, in Deutschland zu bleiben, setzten sich unter anderen die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann, die niedersächsischen Landtagsfraktionen von Grünen, SPD und (halbherzig) CDU ein. Mittlerweile schieben sich die Minister gegenseitig die Verantwortung für die junge Frau zu. Am Freitagnachmittag kamen Schily und Schünemann sogar zu einem Gespräch in Berlin über das Schicksal der zuletzt in Goslar lebenden Iranerin zusammen – ergebnislos.

Dem Treffen war ein Briefwechsel zwischen Niedersachsen und dem Bund über Zahra Kameli vorausgegangen. Nach einem entsprechenden einstimmigen Beschluss der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion hatte Ministerpräsident Christian Wulff den Bundesinnenminister in einem Schreiben aufgefordert, die Ablehnung des Asylantrages von Frau Kameli noch einmal zu überprüfen. Vorher hatte es CDU-intern Streit gegeben, bei dem sich etwa Sozialministerin Ursula von der Leyen und Kultusminister Busemann für ein Bleiberecht einsetzten, der Ministerpräsident und sein Innenminister aber auf einer Abschiebung beharrten.

Schily denkt jedoch nicht daran, über sein Bundesamt der jungen Iranerin doch noch Asyl zu gewähren. Die Entscheidungen im Asylverfahren seien mehrfach gerichtlich überprüft und nicht zu beanstanden: „An diese Entscheidungen ist die zuständige Ausländerbehörde des Landes gebunden.“ Allerdings obliege der Behörde die Prüfung, „ob ein Aufenthaltsrecht aus asylunabhängigen Gründen in Betracht komme“. Schily regte an, „Frau Kameli in Rahmen einer Härtefallregelung ein Aufenthaltsrecht zu gewähren“.

Einen eigenen Härtefallausschuss gibt es in Niedersachsen nicht, dessen Arbeit hat der Petitionsausschuss des Landtages gleich mit zu erledigen. Landesinnenminister Schünemann versicherte gestern, dass er natürlich dem Votum des Petitionsausschusses folgen werde, wenn der sich für ein Aufenthaltsrecht ausspricht. Schilys Brief kritisierte Schünemann als widersprüchlich. Am Ende des Asylverfahrens hatte das Verwaltungsgericht Braunschweig der Iranerin unterstellt, sich nur zum Schein von ihrem Mann getrennt zu haben und nur wegen des Aufenthalts in der Bundesrepublik zum Christentum übergetreten zu sein.