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Archiv-Artikel

Rewe mischt Bio-Supermarktwelt auf

Handelskonzern plant eigene Bio-Kette. In den kommenden Jahren sollen bundesweit 20 Märkte entstehen. Der erste öffnet im Mai in Düsseldorf. Die Bio-Branche reagiert gelassen, befürchtet langfristig aber Folgen für die kleineren Naturkostmärkte

VON HANNA GERSMANN UND STEFFEN GRIMBERG

Der Name ist noch geheim. Als erste klassische Einzelhandelskette will Rewe eine eigene Kette von Bio-Supermärkten aufbauen. Im Mai soll die Pilot-Filiale in Düsseldorf eröffnet werden. Dem Kunden werden auf einer Verkaufsfläche von rund 700 Quadratmetern dann die Rewe-Eigenmarke „Füllhorn“, weitere Bio-Handelsmarken und regionale Bioprodukte angeboten.

„Wir wollen klar machen, dass gesunde Ernährung nicht automatisch teuer sein muss“, sagt Sabine Raiser, die bei Rewe für die Bio-Schiene verantwortlich ist. Mit seiner Offensive springt der Handelsmulti (Rewe, Minimal, Penny, Stüssgen, HL, Toom) erstmals signifikant auf den Bio-Boom auf. Damit geraten die klassischen kleinen Naturkostläden, die bislang das Gros des Biohandels abwickeln, weiter unter Druck. Denn schon in den letzten Jahren ist die Zahl der Bio-Supermärkte sprunghaft gewachsen.

Denn Bio-Handel rechnet sich derzeit. 2004, so der Bund für ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), wuchs der Umsatz mit Ökolebensmitteln um mehr als 10 Prozent – auf rund 3,5 Milliarden Euro. Tendenz: weiter steigend. Und das in einem ansonsten rabenschwarzen Jahr für den klassischen Lebensmitteleinzelhandel, dem die schwache Binnenkonjunktur und der Trend zum Discounter zu schaffen macht.

Den Bio-Supermärkten nicht. Sie entwickeln sich prächtig. Mehr als 250 Naturkost-Läden mit jeweils über 200 Quadratmeter Verkaufsfläche sind in den vergangenen Jahren entstanden, rund 40 allein 2004. Der Marktführer Alnatura, hauptsächlich in Süddeutschland vertreten, macht in 16 Supermärkten rund 40 Millionen Euro Umsatz. Die mit neun Läden überregional vertretene Münchener Basic AG will in diesem Jahr fünf neue Märkte eröffnen. Weitere Branchengrößen sind Supernatural (Schwerpunkt NRW) oder die in Berlin ansässige LPG (Lecker, preiswert & gesund).

Mit 1.200 Quadratmeter betreibt die LPG den bislang größten Bio-Supermarkt am Berliner Mehringdamm. Ist Rewe hier künftig eine Konkurrenz? „Nein“, sagt LPG-Chef Ludwig Rieswick. Er sieht im Gegenteil im Bio-Einstieg der Gruppe eine „positive Bereicherung“: Noch mehr Leute kauften dann endlich Bio. „Keine Angst“ vor Rewe hat man auch bei der Basic AG.

Eine „Schieflage wie im klassischen Einzelhandel zu Lasten der Erzeuger“ befürchtet dagegen Kai Kreuzer vom Fachdienst Bio-Markt, wenn Rewe die im Einzelhandelspoker üblichen Druckmittel auch im Bio-Bereich anwendet. Schon jetzt entwickelten sich die Erzeugerpreise wegen des zunehmenden Wettbewerbs und Überproduktion „nicht nur positiv“. Zu begrüßen sei aber in jedem Falle, dass insgesamt mehr Bio-Produkte abgesetzt würden. Auch der Kunde profitiert: „Große Biomärkte bieten eine Auswahl von bis zu 8.000 Artikeln – die klassische kleine Bio-Ecke im konventionellen Supermarkt kommt auf maximal 300“, so Kreuzer.

Auch die grüne Agrarministerin Renate Künast freut sich: „Die Bio-Supermärkte sind zu einer wahrhaften Wachstumsbranche geworden.“ Das hört sich gut an. Nur: Am gesamten Umsatz der Ernährungsindustrie von 102 Milliarden Euro im vergangenen Jahr machen die Bio-Produkte immer noch nur etwa drei Prozent aus. Mit dem Biosortiment im klassischen Supermarkt und Reformhäusern wird derzeit über ein Drittel aller Bio-Umsätze gemacht.

Deshalb begnügt sich die konventionelle Konkurrenz auch mit Zuschauen: „Wir planen keine eigenen Bio-Läden“, sagt Sandra Trienekens von Tengelmann (Kaisers, Plus), „Bei uns stehen die Biokekse im Keksregal.“

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