fußpflege unter der grasnarbe : Frühjahrsputz in Liga Eins
Das Wochenende liegt hinter uns, und das ganze Wochenende lagen wir. Oder knieten. Oder streckten uns, auf der Leiter stehend. Bogen unsere Körper um Möbelbeine und die Herdrückwand herum, um Winkel zu erreichen, die lange kein menschliches Auge mehr erblickt hat. Schaudernd prallten wir zurück, entsetzt von dem was wir sahen, nahmen aber den Kampf tapfer auf. Frühjahrsputz eben. Leute, denen man das erzählt, lachen dann. Man solle mal aus dem Fenster schauen. Es schneie. Mithin sei kein Frühjahr. Dreckfinken, alle miteinander.
Außerdem ist es eine hervorragende Gelegenheit, endlich mal wieder so richtig auszumisten. Die Speisekammer wird entrümpelt, Mindesthaltbarkeitsdaten mit dem aktuellen Datum verglichen. Die Gerätschaften werden neu aufgestellt, man hat wieder Platz. Die Teekanne, die noch aus der Zeit stammt, als man ohne Schmerzen längere Zeit auf dem Boden sitzen konnte, wird endlich aussortiert. Abspülen, schon hat man ein Geschenk für das Patenkind.
Nebenbei kann es ganz schön kontemplativ sein, in kreisenden Bewegungen die Badezimmerfliesen abzubürsten und die Übertragung der Fußball-Bundesliga im Radio zu verfolgen. In Rostock tut sich nichts, 90 Minuten Langeweile, der Kommentator friert sich hörbar den Arsch ab, während man selbst im Warmen dann schon wieder auf dem Holzboden kniet und das Leinöl-Terpentinersatz-Gemisch in die Bohlen massiert. Ja, das Ganze hat wirklich mit Sport zu tun. Gelenke werden sanft bewegt, Muskeln werden gedehnt, überhaupt wird der ganze Bewegungsapparat so richtig schön in Fahrt gebracht. Es ist wie Yoga, aber viel nützlicher.
Währendessen haut Sergej Barbarez den Elfmeter an den Pfosten. Darüber müsste man sich auch mal Gedanken machen. Frühjahrsputz beim HSV. Nach seinem 1:3- Anschlusstreffer muss man sagen: Geht noch, der Barbarez, braucht man noch keinen neuen. Und ein bisschen Patina hat ja auch seinen Charme. Aber Thomas Doll müsste auch mal anders aufstellen. Mehr Platz schaffen. Wenn schon nicht die Möbel, dann zumindest das defensive Mittelfeld umstellen.
Und den D‘Alessandro, den könnte man ruhig mal wieder ein bisschen aufpolieren. Damit Wolfsburg wieder glänzt. So langsam glaubt niemand mehr, dass die vor einem halben Jahr noch Tabellenführer waren. Es ist nämlich so: Wenn man regelmäßig putzt und pflegt, ist es gar nicht so aufwändig, ordentlich Zug reinzukriegen. Aber wenn man schludrig ist, dann macht es viel mehr Mühe, hinterher alles wieder in Ordnung zu bekommen. Fettreste können sich im Ofen genauso einbrennen wie falsche Laufwege in die Hirne der Spieler. Darum einfach mal hin und wieder den Lappen in die Hand nehmen, die Mannschaft ein bisschen abbürsten, ein wenig ausmisten, und schon hat man ein Team, das in der Bundesliga ab- und aufräumt. Dann blitzt und blinkt es allenthalben, auf Pokalen und Meisterschalen. Und schon hat man wieder mehr Staubfänger herumstehen.