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Archiv-Artikel

Hausbesetzung kostet 1.650 Euro

Elf Hausbesetzer mussten sich gestern vor dem Amtsgericht verantworten, weil sie im Februar 2002 zwei Wochen lange eine leer stehende Villa in Schwachhausen okkupiert hatten. Jeweils 150 Euro müssen sie jetzt dafür zahlen – an das Sielwallhaus

Bremen taz ■ Wegen „geringer Schuld“ hat das Bremer Amtsgericht gestern die Verfahren gegen elf HausbesetzerInnen eingestellt, die im Februar 2002 für rund zwei Wochen die inzwischen abgerissene Villa Parkallee 5 besetzt hatten. Die Angeklagten müssen allerdings je 150 Euro Geldbuße bezahlen – insgesamt 1.650 Euro. Der Hauseigentümer, die Weser-Wohnbau, hatte ihnen Hausfriedensbruch vorgeworfen.

Das Geld kommt dem Sielwallhaus-Verein zugute. Nur unter dieser Bedingung hatten sich die Angeklagten nach langen Verhandlungen überhaupt bereit erklärt, der Einstellung des Verfahrens – und damit den Geldbußen – zuzustimmen. Man wolle das Verfahren nicht durch eine langwierige Beweisaufnahme „unnötig“ in die Länge ziehen, begründete Verteidiger Sven Sommerfeldt. Ein Schuldeingeständnis wollte er damit nicht verbunden sehen.

Unklar blieb, ob die Angeklagten, die in der Villa billige Wohn- und Kulturräume schaffen wollten, die ihnen zur Last gelegte Straftat überhaupt begangen haben. Vor Gericht bestritten die beiden VerteidigerInnen gestern nachdrücklich, dass die BesetzerInnen den Frieden in dem Haus an der Parkallee 5 überhaupt gebrochen hätten. Es sei noch nicht einmal geklärt, ob die Gründerzeit-Villa „umfriedet“ gewesen sei. Dies aber ist laut Gesetz Voraussetzung dafür, um überhaupt einen Hausfriedensbruch begehen zu können.

Geklärt werden kann diese Frage heute nicht mehr. Die Parkallee-Villa wurde am 1. März 2002 von einem Großaufgebot der Bremer Polizei geräumt, sofort demoliert und fiel kurz danach dem Abrissbagger ganz zum Opfer. Heute steht an der gleichen Adresse ein grauer Bürokomplex.

Staatsanwalt Jens Lohmann sah den Tatvorwurf „selbstverständlich“ als erfüllt an. „Wer meint, er kann einfach gewaltsam in ein Haus eindringen, der lebt auf einem anderen Stern.“ Selbst das spätere Kaufangebot des Hauseigentümers sei nur als „Ironie“ zu verstehen. Schließlich sei der Abriss der Villa zum Zeitpunkt ihrer Besetzung längst geplant gewesen.

Einer Einstellung des Verfahrens könne man daher nur dann zustimmen, wenn die Straftat selbst nicht „sühnelos“ bleibe, sagte Lohmann: Niemand solle glauben, das alles eingestellt werde, wenn das nächste Mal wieder ein Haus besetzt würde. Nur wenn die Angeklagten zahlen müssten, so Lohmann, könne man mögliche Nachahmungstäter abschrecken.

Mit diesem Argument setzte die Staatsanwaltschaft im vergangenen September auch in einem weiteren Verfahren, das wegen der Besetzung in der Parkallee anhängig war, ein Bußgeld von 250 Euro durch. Dass Volker G. 100 Euro mehr zahlen musste als seine gestern angeklagten, meist arbeitslosen MitbesetzerInnen ist allein der Tatsache geschuldet, dass er dem Gericht als wohlhabender erschien: Angesichts seiner „schönen“ Briefe nahm Richter Friedrich Wulf damals an, dass G. weniger mittellos sei als die anderen BesetzerInnen.

Der Prozess gegen den ursprünglich ebenfalls mitangeklagten Gunnar M. steht noch aus. Zwei weitere Verfahren landeten vor dem Jugendgericht – und wurden dort eingestellt.

Zur Kasse gebeten wurden im vergangenen September auch die 13 HausbesetzerInnen, die im Oktober 2002 für einen Tag symbolisch ein Haus in der Bremer Neustadt okkupiert hatten. Insgesamt 3.000 Euro Geldbußen fielen damals an – ebenfalls für das Sielwallhaus. Jan Zier