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Archiv-Artikel

Ausländerbehörde verzeiht nicht

„SCHEINLIBANESEN“ – Wegen 19 Jahre alter Falschangaben soll eine Familie Deutschland verlassen – obwohl zwei ihrer Kinder eingebürgert wurden

Von cja

Die Bremerhavener Ausländerbehörde will eine siebenköpfige Familie ausweisen, weil der Vater bei seiner Einreise 1990 falsche Angaben über ihre Herkunft gemacht hat.

Hidir und Sadile Ertekin sind libanesische Kurden, in den siebziger Jahren flohen ihre Familien vor dem Krieg im Libanon in die Türkei. 1990 entschloss sich das Paar zur Ausreise nach Deutschland. Mit der damals einjährigen Tochter Özlem beantragten sie hier Asyl – und gaben dabei an, aus dem Libanon gekommen zu sein. Bis 1994 kamen vier Kinder zur Welt. Der Asylantrag wurde abgelehnt, doch der FDP-Innensenator van Nispen gewährte der vermeintlich staatenlosen Familie aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbefugnis. 2003 eröffnete Hidir die Pizzeria „Pantry“, 2006 trennte sich das Paar. Die Kinder leben seither bei der Mutter – und zwei von ihnen bekamen 2007 einen deutschen Pass.

Doch im Februar 2008 begann die Ausländerbehörde wieder nachzuforschen. „Sie hatte einen Generalverdacht gegen libanesische Kurden“, sagt der Anwalt Gerhard von Müller. Sie schickte den Ertekins einen Fragebogen, den sie korrekt ausfüllten. Damit gaben sie der Behörde Hinweise auf die verschwiegene türkische Staatsangehörigkeit – und räumten diese auf Nachfrage schließlich ein.

„Dass das so schlimme Konsequenzen haben würde, war ihnen nicht klar“, sagt der Anwalt. Hatte es aber: Die Ertekins bekamen nun die Aufforderung, Deutschland innerhalb von 14 Tagen zu verlassen. Die Staatsbürgerschaft soll beiden Kindern wieder entzogen werden. Von Müller hat bei der Innenbehörde Widerspruch eingelegt – wegen Unverhältnismäßigkeit. „Ein Bußgeld oder Strafverfahren würde die Familie natürlich akzeptieren“, sagt er. „Aber sie können nicht verstehen, dass nach so langer Zeit ihre ganze Existenz zerstört wird.“ Warum die Ausländerbehörde ihren Ermessenspielraum so rigoros auslegt, will Leiter Horst Keipke wegen des „schwebenden Verfahrens“ nicht sagen. „Ein tragischer Fall“, findet der Linken-Abgeordnete Walter Müller, oft Gast in Ertekins Pizzeria. „Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, warum ihre Integrationsbemühungen nicht anerkannt werden.“ cja