: Geld schießt dir keine Tore
BOYKOTT Wenn am 22. Januar der HSV gegen Dortmund spielt, bleibt der Gästeblock womöglich leer
MARC QUAMBUSCH, BVB-FAN
Fans von Borussia Dortmund, die in Norddeutschland leben, können ihren Club viermal pro Saison sehen: gegen Bremen, Wolfsburg, Hannover und Hamburg. Auf Hamburg, am Sonntag, den 22. Januar, Spielbeginn 15.30 Uhr, wollen einige verzichten. „Das ist hart“, sagt Marc Quambusch, 42, gebürtiger Dortmunder, der für eine Hamburger Medienproduktionsgesellschaft arbeitet. Die BVB-Fans boykottieren das Spiel des HSV gegen den amtierenden Deutschen Meister, ihnen sind die Eintrittspreise im Volksparkstadion zu hoch. Devise: „Kein‘ Zwanni für’n Steher.“
Hamburg, nicht untypisch für die Stadt, in der Tabelle unteres Drittel, ist, was die Preise anbelangt, Spitze: 19 Euro für einen Stehplatz im Fanblock, plus Vorverkaufsgebühr, plus Versand. „Das ist am obersten Limit“, sagt Quambusch. Teuer auch: Bremen, Gladbach, die 20 Euro Topzuschlag für einen Sitzplatz und Zehn für einen Stehplatz beim Bayern-Spiel am 20. Januar verlangen, und Gelsenkirchen.
Die „Kein Zwanni“-Initiative entstand vor dem Derby am 19. September 2010, das die Dortmunder mit 3:1 in Gelsenkirchen gewannen. Schalke 04 hatte die „magische 20 Euro-Grenze“ durchbrochen, sagt Quambusch, der als Leidtragende vor allem Schüler, Studenten, Arbeitslose sieht, und „Fußball als Volkssport erhalten will“.
Schon vergangene Saison wurde ein Boykott des Spiels in Hamburg erwogen, beim HSV gibt es gestaffelte Preise für Gegner der Kategorien C, B und A. Dortmund ist A, für die Bayern wurde die Kategorie A+ eingeführt. „Bayern-Fans zahlen sich überall dumm und dämlich“, sagt Quambusch. Als der HSV vom angedrohten Boykott Wind bekam, bot Vorstandsmitglied Oliver Scheel ein Gespräch an. Es kam zum Gespräch mit Scheel und dem Vorstandsvorsitzenden Carl-Edgar Jarchow. „Wir bekamen die Zusage, dass man die Kategorie A+ abschafft“, sagt Quambusch. Dann wurde A+ nur für Stehplätze abgeschafft „und es hieß, was anderes hätten sie nie gesagt“, sagt Quambusch. Diesmal wurde der HSV per Brief vom Boykott informiert.
Quambusch ist „optimistisch, dass das Spiel nicht ausverkauft sein wird“. Fast die kompletten Dortmunder Auswärtsfahrer wollen nicht ins Stadion gehen, norddeutsche BVB-Fans auch nicht. Quambusch hofft, dass viele der 5.000 Karten, die der HSV nach Dortmund schickt, zurückkommen. Bei einer Fanversammlung in Dortmund fiel die Entscheidung, nach Hamburg zu kommen, aber nicht ins Stadion zu gehen. Vor dem Stadion werden die Fans mit Flugblätter über den Boykott informieren. Der Gästefanblock wird „nicht leer sein, da werden Leute stehen“, vermutet Quambusch. Die Fans, die boykottieren, wollen das Spiel vorm Stadion per Radio verfolgen. „Das tut weh“, sagt Quambusch, „weil wir ja alle bekloppt sind, und unheimlich gern zum Fußball gehen.“
In Dortmund kostet ein Gäste-Stehplatz 14.90 Euro und Gäste-Sitzplätze bis 42 Euro, Topzuschläge wurden abgeschafft. Wohin überteuerte Eintrittspreise führen, sahen die BVB-Fans beim Champions League-Spiel in London gegen Arsenal. Quambusch: „Abschreckend, was Stimmung und Altersstruktur der Fans anbelangt.“ ROGER REPPLINGER