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Archiv-Artikel

„Bis ins Detail in hoher Qualität“

Der Kölner Architekt Wilhelm Koep, der vor 100 Jahren geboren wurde, hat immer Rücksicht auf das städtebauliche Umfeld genommen, meint der Architekt Jörg Beste. Das sei heute oft die Ausnahme

INTERVIEW JÜRGEN SCHÖN

taz: Herr Beste, Sie versuchen, die Erinnerung an den Kölner Architekten Wilhelm Koep wieder wachzurufen. Warum ist er, anders als Wilhelm Riphahn oder Rudolf Schwarz, in Vergessenheit geraten?

Jörg Beste: Er gehörte in der diskussionsfreudigen Wiederaufbauzeit keiner Architektengruppe an, er hat keine theoretischen Schriften hinterlassen. Vor allem aber hat er seine Vorstellungen den Wünschen des Bauherren untergeordnet. Er hat keinen „Koep-Stil“ entwickelt, sondern die jeweiligen Strömungen aufgegriffen – das aber immer in höchster Qualität, vom Städtebau bis ins letzte Detail der Innenarchitektur. Ich empfehle einen Besuch im Café Jansen an Untermarspforten: wunderbar erhaltener 50er-Jahre-Plüsch.

Darin dürfte aber nicht Koeps Bedeutung für Köln liegen.

Nein, aber es ist schön. Die Kölner sollten Koep kennen nicht nur, weil er nach dem Krieg einer der meist beschäftigten Architekten war, sondern weil er für das Stadtbild wichtige Ensembles gebaut und dabei immer auch Rücksicht auf das städtebauliche Umfeld genommen hat. Das ist heute oft die Ausnahme.

Beispiele?

Das Dom-Hotel und das Blau-Gold-Haus. Sie bilden eine Einheit, obwohl sie ganz unterschiedlich sind: eine Neuinterpretation des alten Gründerzeit-Hotels das eine, eine völlig neue, leichte und filigrane Bauweise das andere mit einer damals höchst fortschrittlichen vorgehängten Fassade. Oder die Reihe Kölner Ladenstadt, 4711-Haus und die in der Fluchtlinie benachbarten Gebäude „Haus Schwabenland“ und „Columbahaus“ zu beiden Seiten der Nord-Süd-Fahrt. Alle sehr unterschiedlich, aber sich ergänzend.

Nicht mit allen Gebäuden wurde schonend umgegangen.

Leider. So hat die Ladenstadt einen völlig uninspirierten Aufbau erhalten, um das Grundstück höher ausnutzen zu können. Die 4711-Fabrik in Ehrenfeld wurde rechtzeitig unter Denkmalschutz gestellt. Das ehemalige Axa-Verwaltungsgebäude an der Gereonstraße soll abgerissen werden. Der mit drei zusätzlichen Geschossen geplante Neubau kommt sehr dominant daher und nimmt keine Rücksicht mehr auf die nahe romanische Kirche St. Gereon, wie Koep das getan hat. Das birgt zudem die Gefahr, dass sich künftig Neubauten in der Nachbarschaft immer höher schaukeln. Das kündigt sich etwa im Umfeld des gläsernen Foster-Baus am Friesenplatz an, der seine „Hochhäuser“ im Innern so angeordnet hat, dass sie direkt vom Hohenzollernring aus nicht zu sehen sind.

Wie ließe sich das „Höherschaukeln“ verhindern?

Indem das Höhenkonzept mit einer guten Bürgerbeteiligung ausgearbeitet und umgesetzt wird. Aber ich habe da meine Zweifel. Bisher werden vorwiegend Einzelgebäude diskutiert, nicht das Ganze. Ein weiteres Problem ist, das hier oft Investoren bauen und nicht Bauherren.

Was ist der Unterschied?

Ein Bauherr, der für sich selber baut, will sich durch sein Haus darstellen. Das ermöglicht oft eine hochwertige, bessere Bebauung als das anonyme, marktgerechte Investorenobjekt. Ein gutes Beispiel dafür ist das Gebäude von Peek & Cloppenburg in der Schildergasse. Bei Investorengebäuden wie dem LVR-Turm in Deutz steht dagegen die Renditeoptimierung im Vordergrund. Hier bringt die Höhe mehr vermietbare Fläche.

Sie mögen keine Hochhäuser?

Das ist keine Frage des Geschmacks. Erst mal sind sie energetisch und flächenmäßig unwirtschaftlich. Aber wenn man sie baut, sollten sie eine besondere architektonische und städtebauliche Qualität haben. Daran hapert es in Köln. Man sollte ihren Symbolwert, das Aufstrebende, das Machtvolle nutzen. Es ist lächerlich, wenn Hochhäuser in „Hinterhöfen“ entstehen und man sich damit entschuldigt, von der Straße könnte das der Fußgänger ja nicht sehen.

Wenn also Hochhäuser in Köln, dann wo?

Der Bahnhof Deutz ist ein sinnvoller Standort, weil dies ein Symbol für die Zukunft der Stadt und für den Strukturwandel im Rechtsrheinischen ist. Aber hier ist besonders die Qualität des Konzepts und der Gebäude entscheidend. Gegenüber steht ja der einzigartige Dom als Symbol Kölner Vergangenheit.

Heute um 19 Uhr findet im ehemaligen Axa-Gebäude in der Kölner Gereonstraße 43-45 eine Bürgerinformation zum geplanten Neubau statt