: Öko-Energiewende mal von oben
ENERGIE II Genossenschaft sammelt erfolgreich Geld für den Kauf von Anteilen der Eon-Tochter Thüga
FREIBURG taz | Es ist eine Abstimmung per Überweisung: Die südbadische Genossenschaft „Energie in Bürgerhand“, die einen möglichst großen Anteil der Stadtwerke-Holding Thüga erwerben will, hat in den vergangenen Wochen bereits 14 Millionen Euro von 2.000 Geldgebern eingesammelt.
Die bisherige Thüga-Eignerin Eon muss das Unternehmen, das Minderheitsbeteiligungen an über 100 kommunalen Unternehmen hält, aus kartellrechtlichen Gründen abstoßen. Der Firmenwert wird auf gut 3,5 Milliarden Euro taxiert. Als eigenständiges Unternehmen wird die Thüga der fünftgrößte deutsche Energiekonzern sein. Da es ein solches Unternehmen nicht alle Tage zu kaufen gibt, interessieren sich mehr als 60 Stadtwerke dafür – vor allem Unternehmen, an denen wiederum die Thüga beteiligt ist. Kommen sie zum Zuge, ist jedoch noch immer ein Drittel der Anteile offen. „Energie in Bürgerhand“ will möglichst viele erwerben.
Neue Bürgermacht
An der Spitze des Aufsichtsrats der Freiburger Genossenschaft steht der Stromrebell Michael Sladek, Vordenker und maßgeblicher Initiator der ökologisch orientierten Elektrizitätswerke Schönau. Die Bürger erhoffen sich durch den Thüga-Einstieg energiepolitischen Einfluss in neuer Dimension, sie wollen die Energieversorgung „von oben sozial- und umweltverträglicher gestalten“. Allerdings wird die Genossenschaft kaum mehr als zehn Prozent der Anteile erwerben können, auch wenn sie das Ziel von 100 Millionen Euro Eigenkapital erreicht und das Doppelte an Krediten einbringt.
Fuß in der Tür
Der Freiburger Mitinitiator und SPD-Stadtrat Walter Krögner sagt jedoch: „Wir haben dann den Fuß in der Tür und werden unsere Argumente einbringen.“ Man wolle die Stadtwerke dabei unterstützen, Energie effizienter zu nutzen und erneuerbare Energien voranzubringen: „Wir sehen uns als idealen Partner.“
Derzeit arbeiten die Genossenschaft und die kommunalen Bewerber an einer verbindlichen Absichtserklärung, die die Zusammenarbeit detailliert beschreibt. Ob Eon am Ende offen dafür ist, seine Tochter zum Teil an eine bunte, hochengagierte Truppe von Bürgern zu verkaufen, ist derzeit jedoch nicht absehbar. Für die Investoren, die bei „Energie in Bürgerhand“ einsteigen, ist das kein Risiko: Ihr Geld liegt zunächst auf einem anwaltlichen Treuhandkonto. Sie bekommen es zurück, falls Eon anderweitig verkauft. Geplatzt wäre aber der Traum von einer neuen Bürgermacht. BERNWARD JANZING