Ralph Bollmann Politik von oben : Vertagte Hoffnung
Nächste Woche feiert die SPD in Eisenach Geburtstag, doch die Gedenkstätte wurde nicht rechtzeitig fertig. Im Jahr 2010 soll es nun wirklich klappen
Am liebsten richten sich die Sozialdemokraten an ihrer Vergangenheit auf, wenn es wieder einmal richtig finster aussieht. Das war in der Geschichte oft der Fall. Deshalb trifft es sich gut, dass der Prozess der Parteibildung ein bisschen kompliziert verlief. Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei 1869 in Eisenach, Vereinigung mit dem Arbeiterverein Ferdinand Lassalles 1875 in Gotha, Neugründung nach dem Verbot Otto von Bismarcks 1891 in Erfurt: Da gibt es immer ein Jubiläum, an das man sich klammern kann. Zumal alle drei Orte in Thüringen liegen, wo es der Partei noch schlechter geht als andernorts.
Also fährt Franz Müntefering am kommenden Samstag nach Eisenach, wo die SPD immerhin den Oberbürgermeister stellt. Der Parteivorsitzende hält eine Rede, anschließend gibt es ein Straßenfest vor dem Gasthaus Goldener Löwe, wo August Bebel und Wilhelm Liebknecht vor 140 Jahren den Gründungskongress eröffneten. Auch eine Gedenkstätte gibt es dort, eigentlich. „Alle bisherigen Ausstellungen sind abgebaut“, erfahren mögliche Besucher auf der Homepage. „Die Wiedereröffnung ist im Sommer 2009 geplant.“
Sommer 2009? Nun ja, sagt die Geschäftsführerin der örtlichen August-Bebel-Gesellschaft am Telefon etwas verlegen, das habe nicht geklappt. „Wir hoffen jetzt auf Anfang nächsten Jahres.“ Die Sozialdemokratie hat ihre Hoffnungen wieder einmal vertagt.
Es fehlt, wie man sich denken kann, das Geld. Um das Ausstellungskonzept kümmert sich die parteinahe Friedrich-Ebert-Stiftung im fernen Bonn, die nötige Instandsetzung des Gebäudes muss aber der Verein vor Ort bezahlen. Den Genossen in den Nachbarstädten geht es kaum besser. Das Gothaer Tivoli ist zwar renoviert, aber noch ohne Ausstellung. Den Erfurter „Kaisersaal“ kann ohnehin jeder mieten, der hier feiern will. Zuletzt tat das gerne auch die lokale CDU.
Immerhin: Anders als auf der Homepage angegeben, werden Besucher in Eisenach durchaus eingelassen. Die Mitarbeiter schließen gern auf und zeigen Besuchern die Ölgemälde der Parteigründer. Schließlich hat der örtliche Bundestags- wie auch der Landtagsabgeordnete sein Büro in dem Gebäude. Noch. „Mal sehen, was nach den Wahlen bleibt“, sagt die örtliche Genossin. Es klingt nicht, als könne sie aus ihrer Nähe zur langen SPD-Geschichte noch große Zukunftshoffnung schöpfen.
■ Der Autor leitet das Parlamentsbüro der taz. Foto: Archiv