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Archiv-Artikel

Schule wie in der Dritten Welt

Das Roma-Schulprojekt Amaro Kher kommt bei den Kindern gut an. Doch die Kölner Notunterkunft platzt aus allen Nähten, Geld und Sachmittel fehlen. Angst vor Abschiebung erschwert den Unterricht

VON Thomas Spolert

„Jedes Projekt für Kinder in der Dritten Welt ist besser ausgestattet“, schimpft Marlene Tyrakowski. Sie leitet das Kölner Roma-Schulprojekt Amaro Kher. Seit seinem Start im September letzten Jahres ist es in einer Notunterkunft untergebracht. Rund 25 Kinder, die aufgrund ihres Flüchtlingsstatus‘ keiner Schulpflicht unterliegen, werden in einer kleinen Baracke am Venloer Wall unterrichtet und sollen später möglichst in Regelschulen eingegliedert werden.

Eigentlich sollte der Umzug von Amaro Kher in ein größeres Objekt in der Nachbarschaft längst über die Bühne gegangen sein. Doch über die Räumungsklage gegen die derzeitigen Mieter ist noch nicht entschieden. „Wenn wir diese für uns idealen Räume nicht haben können, brauchen wir dringend andere“, so die Projektleiterin.

Das Ganztagsprojekt, das vom Rom e.V. getragen wird, steht bei den Kindern und Jugendlichen hoch im Kurs. Der Bedarf ist viel größer als das bisherige Angebot mit Alphabetisierungskurs, Grundschulklasse und den betreuten Sport- oder Musikkursen. „Daher soll nach den Sommerferien eine neue Gruppe für Kinder im Vorschulalter hinzukommen“, schildert Tyrakowski die Pläne. Außerdem wird ein Unterricht für Schüler zwischen 10 und 13 Jahren gestartet. Älterer Kinder sollen jedoch nicht mehr bei Amaro Kher unterrichtet werden. „Das Projekt ist für sie einfach nicht geeignet“, erklärt die Sozialpädagogin. „Sie brauchen ein Angebot, das Arbeiten und Lernen beinhaltet.“ Beispielhaft sei das von der Caritas getragenen und aus EU-Mitteln finanzierte „EQUAL-Projekt“ für Sinti und Roma in Aachen.

Neben mehr Platz braucht Amaro Kher auch weiterhin Geldspenden. „Wir haben einen hohen Betreuerschlüssel für die Kinder“, so Tyrakowski. Der Sport- und Musikunterricht wird von Honorarkräften übernommen. Sie kümmern sich auch um die Kleinen bei Ausflügen am Nachmittag. Doch auch Sachspenden sind immer willkommen. Grund zum Jubeln hatten die Schüler am vergangenen Donnerstag. Die „Goldenen Jungs“, ein Karnevalsverein junger Kölner Unternehmer, überreichten jedem einen neuen Sportbeutel mit Mäppchen, Stiften und anderen notwendigen Utensilien für den Unterricht. Insgesamt verteilen die Karnevalisten 3.000 solcher Sportbeutel im Wert von 100.000 Euro an sozial schwache Kinder in ganz Köln. „Wir wollen so den Kindern auch den Kölner Karneval näher bringen“, sagt Olli Steilmann von den „Goldenen Jungs“.

Während die Flüchtlingskinder begeistert die neuen Schulsachen begutachten, macht sich ihr Lehrer Christoph Schulenkorf ganz andere Sorgen. „Die Kinder sind weiter von Abschiebung bedroht“, kritisiert der Sonderschullehrer die Kölner Ausländerbehörde. Derzeit hätten drei seiner Schützlinge immer nur eine Duldung für einen Tag. Eine unhaltbare Situation, die alle Kinder belastet und das Lernen in der Gruppe erschwert. Manche Kinder kämen auch von einem auf den anderen Tag nicht mehr in die Schule, weil ihre Eltern aus Angst vor der Abschiebung mit der ganzen Familie untertauchten, so Schulenkorf. Er fordert, die Duldungen mindestens für fünf Monate auszusprechen, um wenigstens einen regelmäßigen Schulbesuch und konzentrierten Unterricht zu ermöglichen. „Der Traum wäre natürlich ein genereller Abschiebeschutz für die Kinder.“