Kein Job, mit dem man punkten kann

REFORM Der neue Pflegebeirat nimmt mit dem Patientenbeauftragten Zöller, CSU, seine Arbeit auf. Für eine wirkliche Verbesserung der Situation demenzkranker Menschen verweigert die Koalition das Geld

BERLIN taz | Die Kanzlerin, so erzählt man sich im FDP-geführten Bundesgesundheitsministerium, soll nicht begeistert über diese Entscheidung gewesen sein: Dass es nun ausgerechnet ein Mann der Union ist, Wolfgang Zöller (CSU), Patientenbeauftragter der Regierung, der dem Liberalen Daniel Bahr aus der Patsche hilft. Zöller, bekannt für seine ruhige Art, hat sich dazu breitschlagen lassen, einen Posten zu übernehmen, mit dem niemand dieser Tage punkten kann: Seit Donnerstag sitzt er dem Pflegebeirat vor.

Dieser soll endlich den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff umsetzen, der wiederum die Versorgung demenzkranker Menschen verbessern soll – und das, obwohl sich die schwarz-gelbe Koalition standhaft weigert, hierfür auch nur annähernd ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen. Der ehemalige Vorsitzende des Pflegebeirats, der Sozialexperte und Theologe Jürgen Gohde (parteilos), hatte die Zusammenarbeit mit dem Ministerium aufgrund dieser Situation im Dezember beendet. Dazu kommt, dass die Maßnahmen vermutlich so richtig erst ab 2014 greifen – also nach der nächsten Bundestagswahl. Auch deswegen, so heißt es, ärgere sich die Kanzlerin.

Seit nunmehr drei Jahren liegen im Bundesgesundheitsministerium fix und fertige Gutachten vor, Kostenberechnungen inklusive, wie die Abkehr von der bisherigen Minutenpflege gelingen könnte. Dazu wäre es nötig, zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit nicht nur körperliche, sondern auch seelisch-geistige Defizite heranzuziehen. Vorgeschlagen wird zudem, die bislang drei Pflegestufen durch fünf zu ersetzen, um dem Hilfsbedarf besser gerecht werden zu können. Kosten würde dies bis zu vier Milliarden Euro zusätzlich; die Koalition will aber nur eine Milliarde Euro geben.

In Deutschland leben derzeit 1,2 Millionen Menschen mit Demenz. Bis 2050 könnte ihre Zahl auf 2,6 Millionen steigen. Zöller sagte am Donnerstag, er freue sich auf seine neue Aufgabe. Für den nächsten Bundestag, so wird im Ministerium erzählt, möchte er ohnehin nicht mehr kandidieren. HEIKE HAARHOFF