: Keine Chance mehr für James Bond
Heute wird die Pipeline zwischen Baku und Ceyhan offiziell eröffnet. Das Projekt ist wirtschaftlich und ökologisch umstritten. Dennoch wollten die USA die Ölleitung. Denn sie mindert den Einfluss Russlands auf die Staaten rund um das Kaspische Meer
AUS TASCHKENT PETER BÖHM
James Bond ist schon durch sie gerast. Nun würde er sich dabei seinen feinen Anzug versauen. Denn die geopolitisch brisanteste Pipeline der Welt wird heute offiziell eröffnet und mit Öl gefüllt. Die Baku-Tiflis-Ceyhan-Ölpipeline (BTC) am Sangachal-Terminal, in der Nähe der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, ist 1.768 Kilometer lang. Sie überquert zwischen dem Kaspischen Meer und dem türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan eine fast 3.000 Meter hohe Bergkette, insgesamt 1.500 Flüsse und ist auf ihrer gesamten Länge eingegraben, um sie vor Sabotageakten zu schützen. Die Baukosten: fast drei Milliarden US-Dollar. Ein Großteil davon kam als Kredit von der Weltbank und der Bank für Europäischen Wiederaufbau. In beiden Institutionen sind die USA große Kapitalgeber.
Dabei gibt es in Aserbaidschan gar nicht genug Öl, um die gigantische Pipeline mit einer Kapazität von einer Millionen Barrel pro Tag zu rechtfertigen – zumal auch schon eine Leitung von dort an den russischen Schwarzmeerhafen Noworossisk existiert. Eine Verbindung vom Kaspischen Meer an die iranische Golfküste wäre kürzer gewesen. Aber darum ging es nicht. Die BTC-Pipeline wurde vor allem gebaut, weil sie zwei US-Regierungen wollten.
Denn für die strategischen Überlegungen der Vereinigten Staaten schlägt sie mehrere Fliegen mit einer Klappe. Zum einen hilft sie die Anrainerstaaten des Kaspischen Meers aus der Abhängigkeit Russlands herauszulösen. Die BTC ist die erste größere Pipeline in der vormaligen Sowjetunion, die nicht über russisches Territorium verläuft. Bisher konnte Russland die öl- und gasreichen Länder in Zentralasien erpressen, wie es das 1998 mit Turkmenistan tat. Zum anderen kommen den US-Verbündeten Aserbaidschan, Georgien und die Türkei die Transitgebühren des Öls zugute. Georgien allein fließen jährlich fünfzig Millionen US-Dollar zu – fast zehn Prozent seines Bruttosozialprodukts.
Und da inzwischen Kasachstan sein Interesse an der Nutzung der BTC-Pipeline bekundet hat, gilt ihre Wirtschaftlichkeit inzwischen als gesichert. Kasachstan wird in zehn Jahren voraussichtlich zu den fünf größten Erdölexporteuren der Welt gehören. Das Land hat vor zwei Wochen angekündigt, ein neues Verladeterminal in Kuryk an seiner Küste des Kaspischen Meers zu bauen. Mit Tankern würde das Öl dann über das Kaspische Meer zum Anfgangsterminal der BTC-Pipeline gebracht und von dort weitergepumpt. Über diese Route dürfte ein Großteil des kasachischen Kashagan-Felds, das als größter Ölfund der letzten zwanzig Jahre gilt, nach Westen gelangen.
Da die große Politik beim Bau der BTC-Pipeline eine so gewichtige Rolle spielte, mussten andere Interessen zurücktreten. Vor allem georgische Umweltschutzgruppen haben gegen den Verlauf der Pipeline durch die Pufferzone des Kharagauli Nationalparks protestiert. Außerdem verläuft die Ölleitung durch mindestens drei erdbebebengefährdete Regionen.
Umweltschutzgruppen aus sechs europäischen Ländern haben die georgischen Nichtregierungsorganisationen in ihrem Kampf gegen die Pipeline unterstützt. Sie monierten, dass BP als führende Firma des für das Projekt verantwortlichen BTC-Konsortiums die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen gebrochen hat. Die sehen vor, dass Firmen den in den Ländern geltenden Gesetzen unterliegen, in denen sie arbeiten. Das Konsortium vereinbarte jedoch mit Aserbaidschan, Georgien und der Türkei, dass die Regierungen die Projektbetreiber finanziell entschädigen müssen, sollten zukünftige Umweltgesetze zusätzliche Ausgaben erfordern.