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Archiv-Artikel

HAMBURGER SZENE VON KLAUS IRLER Dem Jürgen sein Tor

Der Mann ist viel gelaufen. Und sein Land hat alle Sympathien, denn es ist klein und hat es nicht ins Finale geschafft.

Die Haupttribüne im Millerntor-Stadion ist gut gefüllt, im Gegensatz zum Platz, der ist leer. Leer bis auf den Performer Massimo Furlan, der das blaue Fußball-Trikot der DDR trägt und einen Bauchansatz hat. Furlan läuft wie ferngesteuert kreuz und quer über den Platz, mal trabt er, mal sprintet er. Er ist an diesem Abend Jürgen Sparwasser. Jener Sparwasser, der bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 den 1 : 0-Siegtreffer der DDR im Spiel gegen die BRD erzielt hat.

Furlan reproduziert das Spiel indem er die 90 Minuten des Torschützen so exakt wie möglich nachspielt. Die Zuschauer auf der Tribüne hören derweil die damalige Radioreportage über kleine Radios. Sie können wählen zwischen der Reportage im BRD- und der im DDR-Radio.

Die Sparwasser-Hommage ist ein einmaliger Programmpunkt des Kampnagel-Sommerfestivals. Es ist eine Hommage auch an die Vorstellungskraft, schließlich soll man sich das Millerntor-Stadion 2009 als Volksparkstadion 1974 vorstellen und den leeren Rasen als Ort, an dem 22 Fußballer ein politisches Prestigeduell austragen.

Als Sparwasser in der 77. Minute das Siegtor für die DDR schießt, springt das Hamburger Theaterpublikum von den Sitzen und reißt die Arme hoch. Sparwasser ist viel gelaufen. Und sein Land hat alle Sympathien, denn es ist klein und hat es nicht ins Finale geschafft.