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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON TIMO REUTER Besonnene Aktivisten und belagernde Polizisten

Mit seinen bunten Protesten hat Blockupy Polizei und Stadt Lügen gestraft

Nach den Blockupy-Protesten ist die demokratische Kultur gestärkt und geschwächt zugleich. Gestärkt, weil Menschen für ihre Rechte eingetreten sind. Trotz der Verbotsorgie der Stadt Frankfurt, die versuchte, sämtliche Proteste zu verbieten, sind sie auf die Straße gegangen. Gegen die europäische Krisenpolitik und für ihre Versammlungsfreiheit. Diese Menschen haben gezeigt: Wir leben Demokratie.

Allerdings kamen bis Samstag weniger Protestierende als erwartet. Die Blockade der Innenstadt wurde zwar erreicht, doch das ist dem Sicherheitswahn der Behörden geschuldet. Um die Stadt aus eigener Kraft lahmzulegen, waren es schlichtweg zu wenige Aktivisten. Das liegt am massiven Polizeieinsatz sowie an den Verboten, denn das unklare Szenario, wo und wann Aktionen stattfinden, hat viele abgeschreckt. Allerdings muss sich auch Blockupy fragen, warum darauf nicht reagiert wurde – etwa durch die Organisation von Protestcamps wie bei den G-8-Protesten in Heiligendamm. Das hätte mehr Aktivisten mobilisiert.

Am Samstag änderte sich das: Zur einzigen erlaubten Demonstration kamen über 25.000 Menschen. Sie haben sich nicht durch ein Schreckensszenario, das die Behörden vorher heraufbeschworen, einschüchtern lassen. Diese begründeten die weitreichenden Verbote damit, dass angeblich Tausende Gewalttäter die Stadt zerstören wollten. Davon war jedoch nichts zu sehen. Mit bunten und friedlichen Protesten haben die Aktivisten Polizei und Stadt Lügen gestraft und ihren Aktionskonsens eingehalten.

Allerdings wird die Freude getrübt. Denn die zuständigen Behörden haben durch ihre Verbote, Einschüchterungen und fragwürdigen Polizeimaßnahmen, wie massenhafte Platzverweise, nicht nur das Stadtgebiet, sondern auch die Demokratie blockiert. Das ist fatal, zumal diese Taktik auch zu einer möglichen Eskalation beitrug, auf die sich die besonnenen Aktivisten aber nicht einließen. Außerdem entstand durch die Sperrung der Innenstadt und den Polizeieinsatz ein enormer wirtschaftlicher Schaden.

Eine weitere Folge dieser Politik dürfte auch die Aktivisten von Blockupy ärgern: Statt über ihre Inhalte wird nur noch über Verbote und Gewalt diskutiert. All das muss ein Nachspiel haben, juristisch wie personell. Ansonsten könnte man den Eindruck bekommen, demokratische Rechte seien im Zweifel nur eine Farce.

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