: „Ich mache nicht den Opa aus der Muppet Show“
INTERVIEW PETER UNFRIEDUND LUKAS WALLRAFF
taz: Herr Fischer, können Sie sich vorstellen, noch einmal Oppositionsführer zu werden?
Joschka Fischer: Warum nicht? Allerdings wünsche ich mir etwas anderes. Was ich mir wünsche, ist eine neue Mehrheit für Rot-Grün. Dass wir Schwarz-Gelb verhindern. Ich teile die um sich greifende Meinung – mit Schwarz-Gelb wird alles harmlos, das sind doch im Großen und Ganzen eigentlich ganz nette Leute – überhaupt nicht. Es geht um sehr klare Alternativen in der Innen- und Außenpolitik – wie gerecht, solidarisch, liberal wird dieses Land sein? Da wird es ein großes Erwachen geben, sollten die anderen drankommen. Das will ich nicht. Deswegen setzen wir auf Sieg.
Und wenn es nicht klappt, kämpfen Sie an vorderster Front im Bundestag weiter?
Wenn es nicht klappt, wäre es das Dümmste, was man machen könnte, sich zurückzulehnen und zu sagen: So, jetzt machen wir wieder sechzehn Jahre Opposition. Das wäre verantwortungslos. Dann muss man darauf setzen, in vier Jahren wieder einen Wechsel herbeizuführen. Das setzt eine Opposition voraus, die Vision, Durchschlagskraft, klare Konzepte und auch den notwendigen machtpolitischen Willen verbindet. Oppositionsführer zu sein ist eine wichtige und reizvolle Aufgabe. Ob das auf mich hinausläuft … Also, bei den Grünen wird so was nach einer Wahl entschieden, nicht davor. Mir denken viel zu viele jetzt über den 19. September nach, mich interessiert der 18., 18.01 Uhr. Ich will gewinnen! Und ich mache nicht den Opa aus der Muppet Show, der von der Zuschauertribüne aus nur noch hämische Kommentare gibt.
Es gibt außer Ihnen niemand, der noch auf Rot-Grün setzt.
Das meinen Sie. Übrigens: Das kommt mir alles bekannt vor. Auch 2002 hatten die anderen schon die Möbel bestellt. Auch damals hieß es: Der Letzte, der noch an Rot-Grün zu glauben scheint, ist Fischer. Im Übrigen gilt wie in jedem Wahlkampf: Wir kämpfen für die Grünen. Ob es am Ende für eine Regierungsbeteiligung reicht, werden wir sehen. Wenn nicht – wir können auch eine schlagkräftige Opposition sein.
Finden Sie die Situation wirklich mit 2002 vergleichbar?
Natürlich ist die Situation heute eine andere, viel schwierigere. Aber schon in der Heiligen Schrift steht geschrieben: Die Letzten werden die Ersten sein.
Der Vorwurf der Realitätsferne liegt da ziemlich nahe …
Also, wenn der Vorwurf kommt, dass ich mich plötzlich zum Irrealo entwickle, das fände ich lustig. Der Wahlkampf wird hart, ein echter Bergaufkampf, das gebe ich gerne zu. Aber, da mögen Sie Ihr weises Haupt schütteln: Die Wahl wird sich erst in den letzten drei Wochen entscheiden. Viele Leute kommen dann erst aus dem Urlaub zurück, erst dann werden sie sich intensiv mit den Wahlalternativen auseinander setzen.
Haben Sie deshalb bisher Ihre Kräfte geschont? Die Partei hat das Programm ohne den Spitzenkandidaten vorgestellt.
Wir sind voll im Zeitplan, da machen Sie sich mal keine Sorgen. Dieses Rennen wird auf den letzten Metern entschieden. Da muss ich nicht jetzt schon auf allen Kanälen präsent sein. Zudem hatte ich mir eine schwere Sommergrippe gefangen, die musste ich auskurieren.
Bei der SPD heißt es: Schröder und Müntefering schreiben das Programm.
Das läuft bei uns anders, aber ich war intensiv in die Debatte eingebunden. Ich finde den vorliegenden Programmentwurf sehr gut. Ich bin allerdings erstaunt, dass die taz ihre utopischen Potenziale offensichtlich völlig verloren hat, wenn Sie das bereits als Paradies bezeichnet.
Sie meinen den taz-Titel nach der Programmvorstellung: „Grüne: Jetzt kommt das Paradies“…
Unter Paradies stelle ich mir immer noch was völlig anderes vor.
Was denn?
Da könnten wir jetzt lange darüber philosophieren … Das würde auf jeden Fall weit über unser Programm hinausgehen. Aber als ich das mit dem Paradies gelesen habe, dachte ich: Meine Güte, jetzt verstehe ich auch diese ganze aufgeregte Angela-Merkel-Hysterie und die plötzliche Gysi-Lafontaine-Begeisterung bei manchen. Die Ansprüche sind doch sehr reduziert. Das kommt mir vor wie in der Villa Kunterbunt. Das sage ich als taz-Leser.
Keiner liebt Kritik.
Ich habe überhaupt nichts gegen Kritik. Ich bin auch selbstkritisch. Vielleicht müssen wir uns alle vorwerfen, dass wir die Krise der Arbeitsgesellschaft, die ja bereits ein linkes Thema war, nicht versucht haben weiterzubringen. Und das geht tiefer als nur die Arbeitslosigkeit. Das ist der Verlust institutioneller Sicherheit. Aber eine Linke, die meint, ihre Existenz damit rechtfertigen zu können, dass sie wieder in Wunschwelten angekommen ist, hat keine Chance.
Die Linkspartei überholt Sie gerade in den Umfragen …
Linkspartei? Was an Lafontaines wirklich finsterer rechtsradikaler Polemik gegen Zuwanderer und Flüchtlinge links sein soll, erschließt sich mir nicht. Und ich sehe nicht, dass der Narrenzug am Hof der Konservativen, also die PDS/ML auch nur Interesse aufbringt, ernsthafte und wirklichkeitstaugliche Antworten zu finden.
Für die Jüngeren in der Villa Kunterbunt: Was ist PDS/ML?
PDS mit Lafontaine.
So wie das grüne Programm kommuniziert wurde, hatte man durchaus den Eindruck, dass Sie den Narrenzug ernst nehmen und auf seine Forderungen eingehen.
Nein, das Gerechtigkeitsthema war und ist auch für uns immer schon ein zentrales Thema, aber wir gehen da anders heran, ganz anders. Lassen Sie mich das so sagen: Ich komme ja immer von außen nach innen, als Außenminister … Die Gerechtigkeitsfrage kann man nur in Verbindung mit der Umweltfrage, mit der Außen- und Sicherheitspolitik, angehen. Mit dem Eintritt Chinas, Indiens und Brasiliens in die Weltwirtschaft ist jede Wirtschaftsfrage zugleich eine zutiefst ökologische Frage. Und jede ökologische Frage ist zugleich eine Verteilungsfrage, eine Ressourcenverteilungsfrage, eine Marktverteilungsfrage, eine Verteilung auch der Chancen. Und wer das nicht begreift, der greift zu kurz. Wir müssen diese inhaltliche Erneuerung bringen, das macht außer den Grünen niemand. Und da spielt die Gerechtigkeitsfrage in allen drei zentralen Punkten eine Rolle: Verteilungsgerechtigkeit, Zugangsgerechtigkeit und Generationengerechtigkeit.
Wie erklären Sie, dass Rot-Grün gerade bei der Frage der Verteilungsgerechtigkeit der Linkspartei so viele Angriffsflächen geboten hat?
Das sagt sich so leicht. Wir konnten mit der Verwaltung der Arbeitslosigkeit und der Armut in der Sozialhilfe so nicht weitermachen. Wir mussten auf eine Strukturreform, eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik setzen, wo sicher auch Fehler gemacht wurden. Das waren Reformen, die Millionen betreffen, wo Sie Leuten wehtun und was wegnehmen müssen. Aber wir haben das alles doch nicht gemacht, weil wir ein Programm gegen die Interessen unser Wähler machen wollten. Die Bedingungen, unter denen wir uns befunden haben, die ganzen Neunzigerjahre waren eine einzige Vertagungsgeschichte, eine Zeit des Vergessens der Realität.
Kohl ist an allem schuld?
Es nützt nichts, darüber jetzt zu lamentieren. Wir müssen Hartz IV an manchen Punkten korrigieren, an denen über das Ziel hinaus geschossen wurde oder einfach in der Schnelle Dinge übersehen wurden. Verbesserte Zuverdienstmöglichkeiten, Altersrücklagen, Ost-West-Ausgleich zum Beispiel. Aber weg mit Hartz IV heißt zurück zur alten Bundesanstalt für Arbeit und zur Ausgrenzung der ehemaligen Sozialhilfeempfänger von jeder Chance auf Zugang ins Erwerbsleben. Das kann doch niemand ernsthaft wollen.
Liest man Ihr Programm, hat man den Eindruck, die PDS hatte doch Recht: „Hartz IV ist Armut per Gesetz“. Oder warum fordern Sie jetzt eine „armutsfeste Grundsicherung“?
Hartz IV war ein Allparteienkompromiss. Ich habe doch die letzte Nacht im Vermittlungsausschuss miterlebt. Natürlich war das Ziel der Rechten, die Schraube weiter anzuziehen. Dagegen haben wir uns nicht an allen Punkten durchsetzen können. Aber wir haben unsere Verbesserungsvorschläge von Anfang an thematisiert.
Leise. Laut haben Sie bis vor kurzem vor allem gesagt: Hartz IV muss sein.
Wir haben den Kompromiss verteidigt, das ist richtig. Alles andere wäre feige gewesen. Richtig ist aber auch: Wir hätten gerne schon früher eine Korrekturphase gehabt, aber der Koalitionspartner war der Meinung, wir sollten das im Herbst machen. Niemand von uns ging davon aus, dass wir Neuwahlen jetzt im Herbst haben werden, wir gingen von einem Jahr später aus.
Nun haben Sie schnell reagiert – mit einer Kehrtwende. Unter Rot-Grün wurden die Steuersätze so niedrig wie noch nie. Erst im Januar wurde der Spitzensteuersatz gesenkt. Jetzt fordern Sie plötzlich, die Reichen müssen wieder einen stärkeren Beitrag leisten. Halten Sie das für überzeugend?
Moment mal. Wir hätten den Spitzensteuersatz nicht auf 42 Prozent gesenkt, sondern wir hätten ihn bei 45 gelassen, es waren CDU/CSU und FDP, die ihn auf 42 runterhaben wollten. Insofern wären wir in einer anderen Situation gewesen, wenn wir eine Mehrheit im Bundesrat gehabt hätten. Angesichts der Gesamtbelastungen, die wir jetzt haben, muss meines Erachtens nachgesteuert werden. Wobei man sich keinen Illusionen hingeben sollte, wie viel das dann im Ertrag tatsächlich bringt. Und vergessen Sie bitte nicht, dass diese Regierung auch den Eingangsteuersatz für Millionen Normal- und Geringverdiener auf einen historischen Tiefstand von 15 Prozent gesenkt hat. 1998 lag er noch bei 25,9 Prozent.
CSU-General Markus Söder hat nur einen Satz: Regierungswechsel muss her wegen Totalversagens von Rot-Grün in der Arbeitsmarktproblematik. Mehr braucht er auch nicht.
Ich finde, Herrn Söder sollte man in möglichst vielen Talkshows sehen, Herrn Westerwelle auch: Die werben nun wirklich für sich. Die Schwierigkeit sind aber nicht die Talkshows. Das Problem ist: Man setzt einen Wahlkampf mitten in eine Situation der tiefen Talsohle infolge einer Reform, von der wir wussten, dass wir da durch eine tiefe Talsohle mussten.
Wer ist man? Die SPD?
Tempi passati.
Ihre Partei scheint das anders zu sehen. Im Wahlprogramm wird deftig auf die SPD eingeschlagen.
Also, von mir werden Sie dergleichen nicht hören. Wir benennen Fehler und Verantwortlichkeiten, auch eigene Fehler übrigens. Das gehört zu einer ehrlichen Bilanz dazu. Auch auf der Fraktionsvorsitzenden-Konferenz am Freitag waren wir der Meinung, dass der Erfolg nicht von Abgrenzungsmanövern abhängen wird, die wir betreiben.
Sondern?
In diesem Wahlkampf wird allein unsere eigene grüne Leistung zählen. Natürlich wird sich im Laufe dieses kurzen Wahlkampfes die Frage ergeben, ob wir eine rot-grüne Regierungsperspektive noch einmal ausreichend machtpolitisch zuspitzen können. Wenn nicht, dann kämpfen wir in der Tat für ein möglichst starkes grünes Oppositionsergebnis. Wir beteiligen uns jedenfalls nicht an großkoalitionären Kniefällen, und nicht am Narrenzug der Linken. Wir wollen das Visionäre als gangbaren Weg in Abgrenzung zu Schwarz-Gelb formulieren. Hier müssen wir die Führungsaufgabe für das linke Lager übernehmen.
Das Wahlprogramm führt Lagerwahlkampf gegen die „Kohle- und Autopartei“ SPD.
Unsinn. Aber richtig ist: Wir haben in letzter Zeit ein paar Dinge von der SPD gehört, die waren nicht gerade vernünftig und auch nicht schön.
Sie selbst haben es brav eingesteckt.
Es ist noch kein möglicher Champion geboren, der nicht auch einstecken kann.
Beim Boxen muss zurückschlagen, wer gewinnen will.
Ja, aber das Entscheidende ist der Sieg und nicht, dass man irgendwelche Schwinger in die Luft haut.
Schröder scheint da weniger Hemmungen zu haben. 2003 hat er noch verkündet: Fischer und ich sind ein Team, wir treten nochmal gemeinsam an. Jetzt kündigt er, ohne Sie zu fragen, Neuwahlen an, ohne Koalitionsaussage …
… die hatten wir 1998 und 2002 auch nicht …
… dann sagt er: Rot-Grün sei eigentlich immer die falsche Koalition gewesen.
Ich habe das nicht vom Bundeskanzler gehört. Und im Übrigen sehe ich das in der Sache gerade auch anders herum: Rot-Grün war – und wenn es das Wahlergebnis wieder zulässt, ist auch weiterhin – die richtige Koalition
Das überrascht uns: Man würde denken, dass Sie Schröder nach so einem Hammer fragen, ob er eine solch kritische historische Einschätzung erstens hat und zweitens im Wahlkampf geäußert hat.
Rot-Grün war die einzige wirkliche linke Mehrheit, die es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland je gegeben hat. Und wir haben viel erreicht. Trotz schwierigster Bedingungen, weil wir fundamentale Reformen des Wirtschafts- und Sozialmodells vornehmen mussten in einer Zeit lang anhaltender wirtschaftlicher Stagnation.
Und nun?
Ich war schon 2002 der festen Überzeugung, dass Angela Merkel und Edmund Stoiber ein Abrissunternehmen am Sozialstaat beginnen werden. Das werden sie mit Hilfe der Westerwelle-FDP umsetzen, wenn sie die Mehrheit haben. Teile der Mittelschichten erhoffen sich da nach der Devise „Rette sich, wer kann“, es werde nur die unter ihnen treffen. Das ist ein Irrtum.
Was meinen Sie konkret?
Nehmen Sie Merkels absurde Vorstellung der Gesundheitsreform: Eine Reise in die Schweiz überzeugt Sie, dass dort vor allem die Mittelschichten und die unteren Einkommen die Zeche des Kopfpauschalenmodells bezahlen. Wir sind für die Bürgerversicherung. Wir müssen die Gesundheitskosten vom Arbeitsmarkt abkoppeln, wir können einen möglichen Anstieg nicht dauernd zu einer Zusatzbelastung der Lohnnebenkosten machen. Aber zugleich ist für mich der Solidarcharakter der gesetzlichen Krankenversicherung entscheidend, deswegen bin ich auch freiwilliges Mitglied.
Herr Fischer, Sie wirken wieder ziemlich angriffslustig. Haben Sie das letzte halbe Jahr, samt Ihrer Visa-Affäre, einfach abgehakt?
Nein, aber ich habe über zwölf Stunden im Untersuchungsausschuss zu allen Fragen Stellung genommen. Die Opposition hatte ihre Chance. Im Übrigen: Klar ist, die Fehler, die ich gemacht habe, sind durch Überzeichnungen und Polemik mit einigem Erfolg skandalisiert worden.
Der Berliner Grüne Wolfgang Wieland sagt, die Visa-Affäre sei ein „hausgemachtes Problem“. Mit einem frühen „mea culpa“ Ihrerseits wäre sie aus der Welt gewesen.
Diese Auffassung teile ich nicht.
Hängen geblieben ist, dass Sie die Schuld auf Ihre Mitarbeiter schieben wollten.
Das ist absichtlich falsch verstanden worden.
Würden Sie im Nachhinein irgendetwas anders machen?
Sicher, ich hätte mich früher, umfassender und intensiver mit der Visathematik beschäftigen müssen – aber auch hierzu habe ich mich ausführlich im Ausschuss geäußert.
Müssen Sie sich jetzt noch einmal neu erfinden – über das Außenministerdasein hinaus?
Ich bin nun wirklich der untauglichste, um mich selbst zu psychologisieren. Medienschelte wurde mir verboten, aber es ist schon erstaunlich, wie viel Verqueres ich in den letzten Monaten über mich gelesen habe. Von, wie ich dachte, eigentlich klugen Leuten. Da will ich nicht noch eigenen Unfug dazupacken.
Das war keine psychologische Frage. Was ist Ihre Strategie?
Die strategische Frage ist mir von Ihnen als solche nicht gestellt worden. Ich weiß als Marathonläufer, wie man sich nach Kilometer 36 fühlt, wenn der Mann mit dem Hammer droht. Man möchte dahinsinken und nur noch träumen, wie man als Sieger und toller Hecht durchs Ziel läuft. Aber in Wirklichkeit wird man dann gerade vom Roten Kreuz reanimiert. Die würden in unserem Falle Merkel/Westerwelle heißen. Das ist die Gysi-Lafontaine-Situation. Ich weiß auch, wie es ist, unter Schmerzen zu sagen, so wie es die SPD empfindet, ich gebe jetzt auf und sinke dahin in die große Koalition.
Die Grünen laufen weiter?
Wir Grünen müssen jetzt die Zähne zusammenbeißen und über die 36er Marke drüber. Wir müssen den Mann mit dem Hammer hinter uns lassen und weiter Richtung Ziel laufen. Mit aller Kraft! Genauso fühle ich mich.
Die größte Aufmerksamkeit als neuer, alter Spitzenkandidat haben Sie mit Ihrem jüngsten Bekenntnis zum Laufen als Weg zum Gewichtsverlust erhalten.
Was kann ich dafür, wenn mich die Bild-Zeitung vor der Haustür fotografiert! Ich finde es interessant, dass alle glauben, der hat das mit denen verabredet. Ich habe damit nichts zu tun. Die saßen in der Kneipe vor der Haustür. Für mich war immer klar: Buch fertig, Aussage vor Visa-Ausschuss, und dann geht es mit dem Laufen wieder los.
Das Private war jedenfalls bisher das, worüber Sie als Wahlkämpfer sichtbar wurden.
Erstens scheint mein Leibesumfang für manche nichts Privates zu sein, wie Sie festgestellt haben. Zweitens: Machen Sie sich keine Sorgen, Sie werden von mir noch genug Politisches wahrnehmen.
Einige Grüne sind dabei, das Denkmal Fischer anzupinkeln.
Ich bin kein Denkmal.
Ist Marek Dutschke ein Talent?
Wir alle machen so unsere Erfahrungen in jungen Jahren. Die einen lernen daraus, die anderen nicht. Die daraus lernen, können etwas erreichen.
Drückt sich in dem großen Interesse am jungen Dutschke die Sehnsucht nach neuen, jungen, linken Grünen aus?
Mag sein. Es ist ja gut, dass viele dieser Jungen bei uns antreten. Warum es oft gleich der Bundestag sein muss, ist ihr Geheimnis, aber bitte. Ich habe es immer auch als meine Aufgabe gesehen, diesen Generationswechsel voranzubringen. Wir vollziehen ihn gerade.
Wo denn?
Überall. Sie brauchen sich nur meinen Landesverband in Hessen anschauen, mit dem Vorsitzenden Matthias Berninger, dem Fraktionschef Tarek Al-Wazir.
Und bei den Bundesgrünen? Nach der Wahl gibt es voraussichtlich nur vier überregionale Positionen: zwei Parteichefs, zwei Fraktionschefs.
Woher wissen Sie das eigentlich jetzt schon? Aber wenn wir tatsächlich in der Opposition landen sollten, gibt es nur einen Maßstab: Wie kriegen wir die anderen in vier Jahren wieder weg? Und: Wer kann das am besten? Da geht es nicht nur um Generationswechsel. Wenn es keine Mehrheit mehr gibt, müssen Partei- und Fraktionsvorsitz allein unter dem Gesichtspunkt gesehen werden: Effektivität, um in vier Jahren die Krise der Konservativen zu nutzen.
Also geht es nur mit Fischer?
Ich glaube, dass ich mittlerweile so frei bin, dass mich nicht der persönliche Ehrgeiz leitet. Insofern kann ich mich tatsächlich auf die objektiven Interessen der Partei, der Koalition und des Landes konzentrieren.
Als an Ihrer Spitzenkandidatur gemäkelt wurde, sagten Sie: Wenn die Partei etwas anderes will, dann beginnt für mich ein neuer Lebensabschnitt.
Es kommt immer darauf an, was die Partei will. Aber in der Regel wollten wir dann schließlich immer dasselbe.