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Archiv-Artikel

„Es wird zu wenig geimpft“

Passkontrolle bei Kassenärztlicher Vereinigung

Gerd Praetorius,51

ist Internist und niedergelassener Hausarzt in Bremen.Foto: privat

taz: Herr Praetorius, die Kassenärztliche Vereinigung warnt davor, dass jeder zweite Bremer Erregern schutzlos ausgeliefert ist. Eine übertriebene Panikmache?

Gerd Praetorius: Tatsächlich fallen bei der Überprüfung der Impfpässe immer wieder erhebliche Impflücken auf. Die Impfung gegen Diphtherie ist etwa lange Zeit vernachlässigt worden.

Wird das Impfen nicht mehr ernst genug genommen?

Die niedrige Impfquote kommt daher, dass die Diphtherieimpfung von vielen Ärzten nicht automatisch zusammen mit der Tetanusimpfung durchgeführt wird. Zusätzlich ist die Angst vor diesen Krankheiten merklich zurückgegangen, weil es sie häufig bei uns nicht mehr gibt. Dieses Denken ist kurzsichtig, weil die Krankheiten weiterhin bestehen. Wir sind zunehmend international mobil. Erreger können etwa aus der Dritten Welt eingeschleppt werden.

Viele Patienten lassen sich aus Angst vor möglichen Nebenwirkungen und Allergien nicht impfen. Sind diese Bedenken unbegründet?

Jedes Medikament kann Allergien oder Nebenwirkungen auslösen. Das Risiko einer Impfung ist wesentlich geringer, als das Risiko, sich mit der Krankheit zu infizieren. Ein allergischer Schock ist sehr unwahrscheinlich.

Beobachten Sie seit der Diskussion um die Schweinegrippe-Impfung einen stärkeren Andrang auf Impfungen?

Ich habe eher die Sorge, dass andere Impfungen vernachlässigt werden. Die normale, saisonale Grippe ist viel gefährlicher als die Schweinegrippe. Sie fordert jedes Jahr rund 10.000 vorzeitige Todesfälle.

INTERVIEW: CHRISTOPH PAGEL

Tag der ambulanten Medizin, 13 - 18 Uhr, Schwachhauser Heerstraße 26/28