LESERINNENBRIEFE :
Die Party kann weitergehen
■ betr.: „Im Namen des Volkes: Vier Jahre“, taz vom 28. 9. 09
Eines ist mit dieser Wahl besiegelt: Die Brandstifter und Nutznießer dieser beispiellosen Wirtschaftskrise sind fein raus, die Party kann weitergehen. Die Chance und die Notwendigkeit, zu neuen Antworten zu kommen, sind verspielt.
Stattdessen holt die FDP die ewig gleichen gescheiterten Rezepte aus der Mottenkiste: Wachstum um jeden Preis, Steuersenkung um jeden Preis und Deregulierung ja sowieso, denn Staat ist lästig. Die Sackgasse wird nicht verlassen, im Gegenteil. Westerwelle gibt richtig Gas. Aber kein Problem, den Totalschaden bezahlen ja eh die kleinen Leute. Wie praktisch, dass von denen auch immer weniger zur Wahl gehen. Die Ursachen für die Krise sind jetzt also die Antworten auf diese Krise. MARCEL CHRISTOF, Halle
Kein großer Unterschied
■ betr.: „Im Namen des Volkes: Vier Jahre“
Zwischen Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb wird es wahrscheinlich keinen großen Unterschied geben. Auch mit der SPD in der Regierung gab es keinen Mindestlohn für alle Menschen, keine Bürgerversicherung, keinen Afghanistanplan und wenig Umverteilung zwischen Arm und Reich. Wenn die neue Opposition (unter neuer Führung) zusammenarbeiten will, gibt es auch keine Änderungen am Atomausstieg und keine genmanipulierte Landwirtschaft und vielleicht sogar Verbesserungen der Bürgerrechte. CDU/CSU und FDP wollen ja schließlich länger als vier Jahre regieren …
DENNIS KLINGENBERG, Bremen
Sieger mit leeren Händen
■ betr.: „Im Namen des Volkes: Vier Jahre“
Da stehen sie, die „Sieger“ der Wahl. Grinsend wie Schaufensterpuppen. Mit leeren Händen für mindestens 80 Prozent der Menschen unseres Landes! Danke, taz, für dieses sprechende Titelbild!
AGNES GRIMM, Luttenwang
Wer bleibt da noch übrig?
■ betr.: „Im Namen des Volkes: Vier Jahre“
In allen bisher erschienenen Kommentaren gehen die Kommentatoren davon aus, dass der Wähler bewusst gewählt habe. Meine Erfahrungen sehen anders aus: Wir Wähler sind unzufrieden mit CDU/CSU und SPD. Eine Mehrheit der Bundesbürger möchte keine genmanipulierten Lebensmittel auf dem Teller, möchte endlich Atomkraftwerke abgeschaltet wissen und eine zukunftsorientiertere und resourcenschonendere Wirtschaftspolitik und ganz bestimmt keinen Ausverkauf gemeinnütziger Unternehmen wie zum Beispiel der Bahn. Der SPD wird nicht nur Hartz IV verübelt. Die heimlichen Machenschaften in der Gesundheitspolitik sind nicht vertrauenaufbauend gewesen. Außerdem hat sie auch ihr Versprechen, die Bahn nicht zu privatisieren, gebrochen. Ihre Glaubwürdigkeit ist beschädigt. Viele Wähler wussten aber nicht, wen sie dann wählen sollten. Die Grünen sind immer noch für die meisten die Revoluzzer und darum nicht wählbar. Die Linke ist igitt. Wer bleibt da noch übrig? Die FDP sollte mal nicht so sicher sein mit ihrem Stimmenzuwachs: Es ist eine Protestwahl, weil keine Partei im Augenblick die Wünsche der Wähler im Auge hat. Jede kocht ihr eigenes Süppchen für ihre Lobbyisten. Die Fokussierung auf Arbeitsplätze ist fatal, weil doch alles zusammenhängt: eine natürliche Landwirtschaft statt landwirtschaftlicher Industriebetriebe; alternative Energiewirtschaft statt Großkonzernen mit Atomkraftwerken; kleinere Saatguthersteller statt dreier Mammutgiganten, die die Welt beherrschen; persönliche Arzt-Patienten-Versorgung wohnortnah statt von Aktiengesellschaften betriebener MVZ; usw. ANGELIKA-MARIA LEUCHS, Heidelberg
Vom Promi-Bonus geblendet
■ betr.: „Regisseur Roman Polanski festgenommen“,taz vom 28. 9. 09
So blind wie Justitia bekanntlich auf dem rechten Auge ist, so verblendet sind Medien, Politik und Kulturschaffende, wenn sie vom Promi-Bonus geblendet sind. Seit Jahren entzieht sich Roman Polanski den Strafbehörden durch Flucht. Es geht hierbei nicht um Taschendiebstahl, sondern die Vergewaltigung einer Jugendlichen. Andere mutmaßliche Täter sehen sich dem Mob und der Forderung nach Lynchjustiz ausgesetzt. Dem Oscar-Preisträger begegnet eine globale Welle des Mitgefühls. Es ist Aufgabe der Justiz, herauszufinden, ob er schuldig ist, wie bei jedem anderen mutmaßlichen Vergewaltiger auch. Tanzende Vampire hin, Oscar her.
ANJA PETERS, Neubrandenburg
Nicht autobiografisch
■ betr.: „Regisseur Roman Polanski festgenommen“
In dem Artikel steht, dass der Film „Der Pianist“ Polanskis autobiografischstes Werk sein soll. Diese Aussage ist falsch, denn der Film basiert auf den Erinnerungen des polnischjüdischen Pianisten Władysław Szpilman, dessen Buch im Jahr 1998 unter dem Titel „Das wunderbare Überleben – Warschauer Erinnerungen 1939–1945“ in Deutschland erstmals veröffentlicht wurde. Die Taschenbuchausgabe von 2002 bekam dann nach dem Film den Titel „Der Pianist“.
ULRICH KIMMIG, Tübingen