: Spiel mit dem Feuer
OLYMPIA II Das IOC lässt US-Präsident Barack Obama abblitzen. Seine politischen Gegner frohlocken
■ 95 IOC-Mitglieder stimmten in Kopenhagen ab. Von den 106 IOC-Mitgliedern waren 104 anwesend. Die 7 IOC-Vertreter aus den Ländern der Bewerberstädte Chicago, Madrid, Rio und Tokio waren im ersten Wahlgang nicht stimmberechtigt. IOC-Präsident Jacques Rogge wählt traditionell nicht, IOC-Mitglied Kun-Hee Lee aus Südkorea ist derzeit suspendiert.
■ Nach drei Wahlgängen stand der Sieger Rio de Janeiro fest. In der ersten Runde erhielt Favorit Chicago nur 18 Stimmen – und schied aus. Tokio erhielt 22, Madrid 28, Rio 26. Im zweiten Wahlgang blieb Tokio mit 20 Stimmen auf der Strecke, für Rio votierten 46 IOCler, für Madrid 29. In der dritten Runde gewann Rio mit 66:32 Stimmen.
WASHINGTON taz | Er wollte Gold, doch er kassierte eine Niederlage. US-Präsident Barack Obama ist mit seinem vergeblichen Vorstoß für die Olympiastadt Chicago kurz vor dem Ziel gescheitert. Die windige Stadt am Michigansee wurde vom IOC als erste ausgeknockt. Eine Ohrfeige für Obama – und aus Sicht seiner Kritiker auch ein großer Imageschaden.
Der 20-Stunden-Trip mit der Airforce One werde „für Wochen und Monate der Witz in den Fluren des Kongresses sein“, feixten Republikaner wie der Stratege Rich Galen. Er und viele Parteifreunde warfen dem Präsidenten am Wochenende vor, sich völlig verzettelt zu haben. Obama sei ein zu großes Risiko eingegangen, als er sein Präsidentenamt in die Waagschale gelegt habe, meint etwa der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, über die Internetplattform Twitter und bezeichnet Obama indirekt als blauäugig, indem er Präsident Eisenhower erwähnt: „Der hatte die Regel aufgestellt, nur zu solchen Veranstaltungen zu gehen, wo ihm der Erfolg sicher gewesen sei.“
„Der Präsident war sich sicher“, beteuern dagegen Mitarbeiter aus dem Obama-Team. „Und er würde es wieder tun, wenn nötig. Wäre Barack Obama nicht vor Ort gewesen, hätte man ihm das hinterher auch vorgeworfen“, meinte Obamas Berater David Axelrod. Oder Chicago hätte womöglich noch viel weniger Stimmen bekommen als ohnehin schon, meint Larry Bennett, Politikprofessor aus Chicago, der den Bewerbungsprozess der Stadt begleitet hat.
„Die Niederlage bei den Olympischen Spielen ist keine Angelegenheit von Krieg und Frieden, die eine Präsidentschaft entscheidet“, schreibt die New York Times, „doch sie ist ein gefundenes Fressen für Kritiker, die sie als Sinnbild für einen Präsidenten sehen, der die falschen Prioritäten setzt und seine Fähigkeit überschätzt, die Welt davon zu überzeugen, ihm zu folgen.“
In der letzten Woche hat Barack Obama bereits einige Schlappen einstecken müssen: „Er hat bei den Themen Wirtschaft, Gesundheit, Afghanistan und Iran mit Fackeln jongliert – er wollte einen Erfolg drauf setzen und hat eine Bauchlandung erlitten“, sagte der ehemalige republikanische Berater Ron Bonjean am Samstag im öffentlichen Radiosender NPR. Obama nahm diese Landung mit Sportgeist: Im Sport sei es möglich, „dass man ein großes Spiel hinlegt und trotzdem nicht gewinnt“, meinte er nach seiner Rückkehr.
ANTJE PASSENHEIM