: „Plausibel bezahlt“
Commerzbank-Betriebsräte verdienen branchenüblich. Auch Deutsche und Dresdner Bank zahlen Boni
BERLIN taz ■ Die Konkurrenz kann keinen Skandal bei der Commerzbank erkennen. „Klingt plausibel“, heißt es bei der Dresdner Bank. „Was soll man denn machen?“, fragt ein Sprecher der Deutschen Bank. „Man darf Betriebsräte nicht schlechter stellen.“
Der Spiegel hatte am Wochenende gemeldet, dass bei der Commerzbank 32 außertariflich bezahlte Betriebsräte in den Jahren 2001 und 2002 durchschnittliche Boni in Höhe von 8.400 Euro jährlich erhalten hätten – inzwischen seien die Boni sogar auf rund 9.000 Euro angestiegen. Bereits die Überschrift deutete die Tendenz des Artikels an: „Luxusboni für Betriebsräte“.
Doch ist die Commerzbank kein Sonderfall; auch andere Großunternehmen kennen Bonus-Regelungen für Betriebsräte. Denn das Betriebsverfassungsgesetz bestimmt in Paragraf 37,4, dass das Arbeitsentgelt von freigestellten Betriebsräten „nicht geringer bemessen werden“ darf als bei „vergleichbaren Arbeitnehmern“.
Was aber ist ein vergleichbares Arbeitsentgelt? Früher war das einfach zu entscheiden, als noch die allermeisten Angestellten schlicht Tariflohn erhielten. Doch inzwischen nimmt die leistungsabhängige Bezahlung sehr stark zu. Die Beschäftigten werden individuell beurteilt, ob sie die jährlichen „Zielvereinbarungen“ auch erreicht haben. Zudem erhalten sie einen Anteil am Unternehmensgewinn, der jährlich schwankt. Bei den Banken gibt es inzwischen einen „Bonus im Tarif“ – 13 Monatsgehälter sind fest, zwei weitere können zusätzlich gewährt werden. Je nach Leistung und Gewinn.
Kompliziert wird es zudem, weil etwa ein Drittel aller Bankangestellten gar nicht mehr vom Tarifvertrag erfasst sind, wie die Gewerkschaft Ver.di schätzt. Stattdessen erhalten die Mitarbeiter außertarifliche Vergütungen. Diese werden noch stärker leistungsabhängig gewährt, denn regulär bekommen außertarifliche Mitarbeiter nur noch 12 Monatsgehälter.
Irgendwie müssen die Betriebsräte also an der leistungsorientierten Bezahlung beteiligt werden – obwohl sie keine individuell messbaren Ergebnisse an ihrem Arbeitsplatz erzielen können. Hilfsweise werden daher bei Betriebsräten „entsprechende Karrieren unterstellt“ und „strikt an den Gewinn gekoppelt“ (Deutsche Bank). Bei der Dresdner Bank läuft es ähnlich.
Die Commerzbank hingegen hatte zusätzlich mit ihren außertariflichen Betriebsräten vereinbart, dass sie sich bei ihren Leistungs-Boni „nicht schlechter als im Vorjahr“ stehen dürfen. Vereinbart wurde dies im Boomjahr 2000, doch schon ein Jahr später setzte die Börsenkrise ein. Die Beschäftigen der Commerzbank mussten 2001 und 2002 Boni-Kürzungen hinnehmen, während der Betriebsrat unverändert verdiente. „Das war natürlich eine politische Taktlosigkeit“, befindet man bei der Dresdner Bank. Allerdings hat die Commerzbank die entsprechende Vereinbarung längst zum 31. Dezember 2004 gekündigt. Seither wird über eine neue Bonus-Regelung verhandelt.
Ver.di würde auf diese Verhandlungen gern verzichten – und den festen Tariflohn wieder zum Standard für alle Beschäftigten machen. Doch das ist nicht durchzusetzen. Die Firmen schätzen die Macht, die ihnen die leistungsabhängige Bezahlung über ihre Angestellten gewährt. Sie habe „großes Interesse“, so die Deutsche Bank, „an der Variabilisierung der Gehälter.“
ULRIKE HERRMANN