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Archiv-Artikel

Die Realität reicht

GEDENKEN Internationales Friedensfest für die offizielle Benennung des Kemal-Altun-Platzes

Für die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Gabriele Dobusch war der Kemal-Altun-Platz nie etwas anderes, seit sie in Altona lebt. Daher zeigte sie sich in der Parlaments-Debatte im März völlig überrascht, dass das Areal in ihrem Wahlkreis nicht offiziell den Namen trägt. Ein internationales Friedensfest soll am heutigen Samstag ab 14 Uhr der Forderung Nachdruck verleihen, den Namen offiziell werden zu lassen.

Der Beschluss der Bezirksversammlung Altona im Oktober 2011 war einstimmig: Das Areal der ehemaligen Maschinenfabrik Menck und Hambrock, vom Volksmund 1983 nach dem Studenten Kemal Altun benannt, der sich aus Angst vor einer Abschiebung in die Hände der türkischen Militär-Junta aus dem sechsten Stock des Verwaltungsgerichts Berlin gestürzt hatte, soll fortan seinen Namen tragen.

Eigentlich ein Selbstgänger, dachten die Bezirkspolitiker – doch der in Altona lebende Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) intervenierte bei der zuständigen Kulturbehörde. Die „außenpolitische Bedeutung“ und der „Umstand“, dass Altun damals als Regime-Kritiker der verbotenen Organisation Dev Sol (Revolutionäre Linke) angehörte, könnte zu Verstimmungen mit der Türkei führen. Schon 1991 habe ein Verstoß des Bezirks Altona zu scharfen Protesten des türkischen Generalkonsulats geführt, begründet Kulturbehörden-Staatsrat Nikolas Hill die Ablehnung. „Die offiziellen türkischen Stellen würden auf den aktuellen Benennungsvorschlag im Zweifel genauso reagieren wie seinerzeit.“

Daran ändert auch nichts, dass im März die Bürgerschaft das Politikum diskutiert und einmütig an den SPD-Senat appelliert hat, die Umbenennung „erneut zu prüfen“ – ohne Erfolg.

„Es gibt keine neue Lage“, sagt Kulturbehördensprecher Enno Isermann. „Der Platz wird ohnehin so genannt und das soll auch so sein“, sagt Isermann, „nur eben ohne das blaue Schild.“ Senatssprecher Jörg Schmoll äußert sich ähnlich. „Im Prinzip hat sich nichts geändert“, sagt er. „Aber für jeden Besucher Altonas ist es der Kemal-Altun-Platz.“ Es hänge sogar ein Schild, so Schmoll „nur eben kein offizielles.“  KAI VON APPEN