kabinenpredigt : Bayern Alba
Es soll alles besser werden bei Alba Berlin. Der siebenmalige deutsche Meister will endlich wieder den Titel holen. Zweimal in Folge wurde der jetzt schon verpasst. Das hätte eigentlich nicht passieren dürfen – und soll nie wieder geschehen. Deshalb wird jetzt alles so gemacht wie im Vorjahr. Das Team wird kräftig umgebaut. Es findet ein relativ gnadenloser Spieleraustausch statt. Nino Garris und Mithat Demirel, die beiden von den Fans hoch verehrten Nationalspieler, verlassen Alba. Quadre Lollis, Nenad Canak, Demond Green und Mike Penberthy wurden neu verpflichtet. Letzterer hat sogar NBA-Erfahrung und wurde mit den Lakers gar Champion, wird stolz vermeldet. Dennoch dürfte der Name Penberthy den wenigsten Fans etwas sagen.
Von der Meistermannschaft des Jahres 2003 ist nur noch Jovo Stanojevic im Team. Alba sondiert den Markt. Trainer Henrik Rödl sucht sich Spieler, die zu seiner Idee, Basketball zu spielen, passen. Der Druck wird immer größer. Wenn die zusammengekauften Basketballvagabunden den erhofften Erfolg nicht erreichen, dann könnten die Fans ihren Club im Stich lassen. Die früher so oft besungene Alba-Familie, in der man Deutsch gesprochen hat, in der bisweilen sogar das Berliner Idiom zu hören war, existiert nicht mehr. Nun soll die erste Mannschaft des Sportvereins Alba in eine GmbH überführt werden. Der Berliner Profibasketball wird weiter professionalisiert.
Identifikationsfiguren stehen nicht mehr auf dem Parkett. Immerhin gibt es mit den Exspielern Henrik Rödl, der seit Mitte letzter Saison Cheftrainer ist, und Teammanager Henning Harnisch, zwei Persönlichkeiten, die bis heute von ihrer Popularität, die sie als Spieler genossen, beinahe nichts eingebüßt haben. Fast scheint es, als würden sich die Alba-Verantwortlichen am großen FC Bayern orientieren. Der gilt ja auch in Geschäftsdingen als gnaden- und bisweilen herzlos. Das Team hinter der Linie präsentiert sich dagegen als Großfamilie ehemaliger Spielerpersönlichkeiten. Vielleicht also sehen wir in ein paar Jahren den ergrauenden Mithat Demirel als Leiter des Fanshops und Nino Garris als Chefscout des Juniorteams wieder. Henning Harnisch könnte der von allen gefürchtete Uli Hoeneß des Basketballs werden und Henrik Rödl der Präsident, der den ständig wechselnden Trainern via Boulevardpresse in die Suppe spuckt.
ANDREAS RÜTTENAUER